Solarpflicht für’s Dach: Bayern nimmt Wohngebäude aus

Bayerns Regierung hat sich nach langem Hickhack auf ein überarbeitetes Klimaschutzgesetz geeinigt. Die Solarpflicht kommt jetzt doch nur für Gewerbedächer – und entlang der Autobahnen im Land. Wohngebäude sind ausgenommen. Weiterer Streit ist allerdings vorprogrammiert.

Die vom Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) angekündigte Nachbesserung des bayerischen Klimaschutzgesetzes hing über Monate in der Regierung fest. Den einen waren die Pläne zu ambitioniert, den anderen zu lasch. Am 15. November hat sich das Kabinett quasi auf einen Kompromiss geeinigt. Söder hat sich hierbei nicht durchgesetzt mit einer generellen Solardachpflicht, dagegen hatte sich Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gewehrt.

Mit dem Inkrafttreten des Klimaschutzgesetzes Anfang 2021 sollten Photovoltaikanlagen bereits verpflichtend auf Dächern von Gewerbeimmobilien installiert werden müssen, ab 2022 sollten dann private Wohnhäuser dazu kommen – daraus wird auch mit dem überarbeiteten Gesetzentwurf nichts, der bei den Grünen und in der SPD auf massive Kritik stößt. Bis das Gesetz in Kraft treten kann, wird es noch dauern.

Zunächst steht eine Anhörung von Verbänden und die parlamentarische Beratung an. Wenn es nach dem klimapolitischen Sprecher der Grünen, Martin Stümpfig, geht, könnte am Ende aber auch die Neuauflage des bayerischen Klimaschutzgesetzes ein juristisches Nachspiel haben: „Gegen diese Untätigkeit und Verweigerung im Klimaschutz, gegen diese verantwortungslose Regierung werden wir ankämpfen – das werden wir so nicht akzeptieren.“

Baden-Württemberg: Solaranlage muss im Mai 2022 auf’s Dach

Wer in Baden-Württemberg ein neues Wohnhaus bauen will, muss ab dem 1.5.2022 eine Solaranlage auf dem Dach installieren lassen – ab Januar 2023 gilt das auch bei einer „grundlegenden“ Dachsanierung von Bestandsgebäuden. Das novellierte Klimaschutzgesetz, das auch die kleinen „Häuslebauer“ betreffen wird, hatte die neue grün-schwarze Koalition am 13. Juli vorgelegt. Am 22.7.2021 wurde die Novelle in den Landtag eingebracht. Mit dem Klimaschutzgesetz soll das Land bis 2040 klimaneutral werden – bisher waren 90 Prozent bis 2050 das Ziel.

Auf eine Solarpflicht für gewerblich genutzte Gebäude hatten sich Grüne und CDU schon in der Legislaturperiode davor geeinigt, etwa für Einkaufsmärkte, Bürogebäude und Schulen. Zudem müssen künftig auch auf Parkplätzen ab einer Größe von 35 Stellplätzen Sonnenkollektoren aufgebaut werden – vorher galt das für Parkplätze ab 75 Stellplätzen.

Das Umweltministerium schätzt die Kosten für eine durchschnittliche Solaranlage auf knapp 10.000 Euro und ist überzeugt, dass sich die Investition langfristig lohne, weil Hauseigentümer den erzeugten Strom entweder einspeisen oder selbst verbrauchen könnten. Haus und Grund Baden-Württemberg schätzt die Mehrkosten (plus Stromspeicher) beim Neubau eines durchschnittlichen Einfamilienhauses auf 13.000 bis 15.000 Euro. Nach 15 bis 20 Jahren würden sich diese Kosten zwar amortisieren, hieß es, die Frage sei aber doch, ob sich die Anlage so lange halte.

Berlin macht Solaranlagen ab 2023 zur Pflicht

Die rot-rot-grüne Berliner Landesregierung beschloss im März 2020 einen „Masterplan Solarcity“. Der sieht vor, dass auf möglichst allen öffentlichen Gebäuden Photovoltaikanlagen installiert werden sollen. Mit dem „Solargesetz Berlin“, dem das Abgeordnetenhaus am 17.6.2021 zustimmte, werden auch private Eigentümer in die Pflicht genommen. Die allgemeine Solarpflicht wird mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1.1.2023 für Neubauten und für Bestandsgebäude bei einer „grundlegenden Dachsanierung“ gelten.

Im Gesetzentwurf sind auch Ausnahmen vorgesehen: Gebäude mit weniger als 50 Quadratmetern Nutzfläche, Härtefälle oder Häuser, deren Dach ungeeignet für eine Photovoltaikanlage ist, sollen von der Solarpflicht befreit sein. Bei den Gebäuden, die unter die Solarpflicht fallen, müssen die Anlagen zur Gewinnung von Strom oder Wärme aus Sonnenlicht den Plänen zufolge aber mindestens 30 Prozent des Daches umfassen. Alternativ kann die Anlage auch an der Gebäudefassade oder eine Solarthermieanlage installiert werden.

Kritik kam unter anderem vom BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen. Eine pauschale Solarpflicht sei der falsche Weg, sagte Dr. Jörg Lippert, Bereichsleiter Technik und Besonderer Vertreter: „So werden die dafür wichtigsten Akteure eher demotiviert als motiviert, den Weg zur Erreichung der Klimaneutralität zu forcieren.“

Schleswig-Holstein: Solar für Nicht-Wohngebäude und Großparkplätze

Jan Philipp Albrecht (Grüne), Umweltminister von Schleswig-Holstein, hat dem Kabinett am 16.2.2021 einen Entwurf für ein neues Klimaschutzgesetz vorgelegt. Das soll auch eine Solarpflicht regeln – zunächst für Nicht-Wohngebäude und Großparkplätze. Das neue Gesetz soll noch vor der Landtagswahl 2022 in Kraft treten.

Bei neuen Parkplätzen mit mehr als 100 Stellplätzen, Landesliegenschaften sowie dem Neubau und der Renovierung von Nicht-Wohngebäuden soll eine Überdachung mit Solaranlagen zum Standard werden. Im September 2020 hatte Albrecht zudem angekündigt, dass er sich auch für eine Solaranlagenpflicht auf Dächern von neuen Wohngebäuden stark machen wolle – davon war bislang allerdings nicht mehr die Rede.

Hamburg: Solaranlagen auf alten und neuen Gebäuden ab 2025

Die konkrete Umsetzung einer Solardachpflicht für alle Gebäude und die Einbindung von erneuerbaren Energien beim Heizungstausch hat der Hamburger Senat am 22.12.2020 mit der ersten Rechtsverordnung zum Klimaschutzgesetz beschlossen. Die Regelungen sehen unter anderem eine Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen ab 2023 auf allen Dächern im Neubau vor. Für Bestandsgebäude, bei denen das Dach erneuert wird, greift die Pflicht ab 2025.

Auch in dieser Rechtsverordnung sind Ausnahmeregelungen für die Solarpflicht vorgesehen. So hat die Umweltbehörde einen Amortisationszeitraum von 20 Jahren für die Anlagen zugrunde gelegt. Falls im Einzelfall die Amortisation länger dauern sollte, entfällt die Solarpflicht. Ebenso, wenn die Installation der Solaranlage technisch unmöglich sein sollte. Eine Mindestgröße für die Photovoltaikanlagen wird in Hamburg nicht vorgeschrieben.

Die Wohnungswirtschaft nannte den Beschluss „rücksichtlos, selbstherrlich und wenig vertrauenerweckend“ und einen „Bruch mit den guten Sitten“. Hunderttausende Mieter müssten durch die Verordnung mit höheren Wohnnebenkosten rechnen, erklärten der BFW Landesverband Nord, der Grundeigentümer-Verband Hamburg, der Immobilienverband IVD Nord und der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) in einer gemeinsamen Mitteilung.

Solarpflicht für Wohnhäuser: Bremen arbeitet noch an Details

Im Juni 2020 hatte die Bremische Bürgerschaft beschlossen, Bremen und Bremerhaven zu „Solar Cities“ zu machen. Bis 2030 sollen auf allen Dächern Solaranlagen montiert sein – für Neubauten und später bei großen Dachsanierungen verpflichtend, auch im Wohnbereich. Details wolle der rot-grüne Senat noch erarbeiten, hieß es.

Gesetzesentwurf für bundesweite Solarpflicht ab 2022

Im Juli 2021 hatte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eine Bundespflicht zur Installation von Solaranlagen auf öffentlichen und privaten Gebäuden angeregt. Daraufhin legte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Ausbaus von Solaranlagen zur Stromerzeugung auf Gebäuden auf den Tisch: Eigentümer von Neubauten sollen ab Mitte 2022 verpflichtet werden, auf Dachflächen Solaranlagen zur Stromerzeugung zu installieren und zu betreiben. Die Regelung soll dann auch für Bestandsbauten gelten, bei denen das Dach saniert wird.

Ausnahmen sollen möglich sein, wenn der Denkmalschutz oder eine Dachbegrünung nicht mit den Solar-Panelen vereinbar wären oder generell eine Installation von Photovoltaikanlagen mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. Von der Vorschrift befreien wollen die Grünen Hauseigentümer außerdem dann, wenn auf den angrenzenden Außenanlagen des Gebäudes bereits Solaranlagen oder Solarthermie zur Stromerzeugung eingesetzt werden.

Quelle: haufe.de

Experten: Steuerprivileg für vermietete Immobilien abschaffen

Statt populistischer Forderungen nach Enteignung von Wohnungskonzernen sollte die Politik über die Abschaffung von Steuerprivilegien für vermietete Immobilien nachdenken. Dafür sprechen sich Steuerexperten aus. Fehlanreize für Investoren und Preisexplosionen könnten so aus der Welt geschafft werden.

Die geltenden Steuerregeln begünstigten die Anhäufung von Grundvermögen in den Händen weniger Privateigentümer und Unternehmen, schreiben Dr. Dr. hc. Clemens Fuest, Präsident des Ifo Instituts und Direktor des Center for Economic Studies, Prof. Dr. Johanna Hey, Steuerrechtlerin an Universität Köln, und der Finanzwissenschaftler Prof. Dr. Christoph Spengel von der Universität Mannheim in einem gemeinsamen Aufsatz für den Ifo-Schnelldienst. Darin sprechen sich die Steuerexperten dafür aus, vermietete Immobilien nicht zu enteignen, sondern ihre Steuerprivilegien abzuschaffen.

Es gebe zum einen Fehlanreize für Investoren, zum anderen eine unfaire Verteilung der Steuerlast. Auch die hohen Immobilienpreise seien teilweise auf das Steuerrecht zurückzuführen. Vergleichsweise geringe Korrekturen bei der Einkommensteuer, der Gewerbesteuer, der Erbschaftsteuer und der Grunderwerbsteuer könnten diese Probleme beheben, ohne die wirtschaftliche Entwicklung zu belasten. So lautet die These.

Steuerexperten: Verkaufsgewinne voll besteuern

Der Gesetzgeber könnte etwa bei der Einkommensteuer Veräußerungsgewinne auch außerhalb der geltenden Zehnjahresfrist besteuern, die Gewerbesteuerbefreiung bei Immobilien-Aktiengesellschaften (Immobilien-AG) abschaffen und die Grunderwerbsteuer zu reformieren, sagt Hey, die das Institut für Steuerrecht an der Universität Köln seit 2006 leitet. Zudem ließe sich auf diese Weise systemkonform zusätzliches Steueraufkommen erwirtschaften.

„Bei vermieteten Immobilien gehört die Doppelbegünstigung aus unbegrenztem Werbungskostenabzug und Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinnes zu den letzten verbliebenen großen Steuervergünstigungen des Einkommensteuerrechts“, ergänzt Spengel. Sie sollten voll besteuert werden.

Es sei zwar richtig, dass die steuerlichen Privilegien mehr Kapital in den Immobiliensektor lenken und dadurch möglicherweise einen Beitrag leisten, die Knappheit an Wohnraum abzumildern, so die Autoren, der Schattenseite der Steueranreize werde aber zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt: ein Anheizen der Preissteigerungen und eine sozial problematische Begünstigung einzelner Käufergruppen.

Erbschaftsteuer: große Wohnungsbestände begünstigt

Gewinne bei Immobiliengesellschaften unterliegen auch nicht zwingend der Gewerbesteuer, wenn diese ausschließlich auf die Verwaltung und Betreuung eigenen Grundbesitzes einschließlich der Gewinne aus deren Verkauf entfallen, schreiben die Autoren weiter. Eine Immobilien-AG könne Mieteinkünfte und Verkaufsgewinne einnehmen, ohne Gewerbesteuer zu bezahlen – es falle nur Körperschaftsteuer in Höhe von 15 Prozent an.

Auch bei der Erbschaftsteuer sind große Wohnungsbestände begünstigt, wenn für deren Verwaltung ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb notwendig wird. Davon geht die Finanzverwaltung bei mehr als 300 Wohnungen aus. „Diese Privilegierung ist durch nichts gerechtfertigt. Die Praxis der Finanzverwaltung ist augenfällig gleichheitssatzwidrig, weil hier nur besonders große Vermögen in den Genuss der Vergünstigung kommen“, kritisieren die Autoren.

Der Gesetzgeber könnte also daran denken, eine Wertzuwachsbesteuerung bei der Einkommensteuer vorzusehen, die Gewerbesteuerbefreiung bei Immobilien-AGs abzuschaffen – und schließlich: die Grunderwerbsteuer zu reformieren.

Grunderwerbsteuer: Die Krux mit den Share Deals

Die Steuerexperten kritisieren auch, dass Konzerne vielfach Immobilien grunderwerbsteuerfrei kaufen und verkaufen können. Die Grunderwerbsteuer lässt sich auf legale Weise umgehen, wenn Käufer Immobilien nicht direkt kaufen, sondern Anteile an Kapitalgesellschaften (Share Deals), denen die Immobilien gehören. Daran ändere auch der Ersatztatbestand des § 1 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) nichts, wonach der Erwerb von Kapitalgesellschaftsanteilen Grunderwerbsteuer auslöst, wenn mindestens 90 Prozent der Anteile erworben werden. Dadurch würden Share Deals nicht verhindert, sondern lediglich erschwert.

Die Grunderwerbsteuer macht je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises aus. Die in den vergangenen 20 Jahren permanent angestiegene Grunderwerbsteuerlast sei mittlerweile ein massives Hindernis für die private Immobilieneigentumsbildung, so die Autoren.

Sie empfehlen eine Abkehr vom Konzept der Rechtsverkehrsteuer. Der Blick müsse auf das in den übertragenen Anteilen vorhandene Vermögen gerichtet werden. Handelt es sich um Immobilien, die für private Wohnzwecke oder eine fremdbetriebliche Tätigkeit zur Nutzung überlassen werden, sei der Wert der übertragenen Kapitalgesellschaftsanteile quotal der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Befinden sich im Betriebsvermögen der übertragenen Anteile ausschließlich solche Immobilien, müsse die volle Grunderwerbsteuer anfallen.

Aufsatz „Vorschläge für eine Reform der Immobilienbesteuerung“ (PDF)

Immobilienexperten: Faire, weniger marktverzerrendeSteuer

In Teilen einen ähnlichen Ansatz verfolgen die Wissenschaftler Prof. Dr. Jürgen Kühling, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Immobilienrecht, Infrastrukturrecht und Informationsrecht (Universität Regensburg), Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der Irebs International Real Estate Business School der Universität Regensburg, und der Volkswirt Prof. Dr. Sebastian Siegloch (Universität Mannheim), der zudem den Forschungs­bereich „Soziale Sicherung und Verteilung“ am ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung leitet.

Sie fordern von der Politik im ersten Schritt die Angleichung der Bestandswohnungsmieten auf das Niveau der Marktmiete durch eine Reform der ortsüblichen Vergleichsmiete, weil das im zweiten Schritt Raum schaffen würde für eine stärkere Besteuerung der Vermieter, was wiederum das Steueraufkommen für die passgenaue Förderung auch von Haushalten mit mittleren Einkommen ermöglichen könnte. So lautet die Kernthese. Das Ziel: Bezhalbaren Wohnraum für alle garantieren.

Ökonomisch seien die derzeitigen Wirkungen existierender Mietpreisbegrenzungen mit einer Steuer vergleichbar, schreiben die Experten, das Ausmaß dieser steuerlichen Belastung der Vermieter sei jedoch weitgehend zufällig und wirke marktverzerrend. Ideal wäre daher eine Bemessung am Gewinn, das heißt ein Zuschlag zur Einkommensteuer und die Zusatzbesteuerung einer temporären Überrendite. Die zusätzlichen Steuereinnahmen könnten zur Teilfinanzierung der Unterstützung bedürftiger Mieter verwendet werden.

Quelle: haufe.de

Bundesregierung: Weichen für CO2-neutrale Gebäude gestellt

Zwei Tage nach Ende des COP26-Gipfels in Glasgow hat die Bundesregierung den Klimaschutzbericht 2021 vorgestellt und sieht Deutschland auf einem guten Weg: Der Trend sinkender CO2-Emissionen zeige, dass die politischen Instrumente wirken. Auch die Weichen für energetische Gebäude seien gestellt.

Die Treibhausgasemissionen sind im vergangenen Jahr über alle Sektoren hinweg um 40,8 Prozent auf rund 739 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente gesunken, das Klimaziel für 2020 wurde erreicht, die klima- und energiepolitischen Instrumente wirken, heißt es im „Klimaschutzbericht 2021“, den die geschäftsführende Bundesregierung am 14. November vorgelegt hat.

Gegenüber dem Vorjahr wurden rund 70 Millionen Tonnen weniger CO2 ausgestoßen – das sei die größte jährliche Minderung (8,7 Prozent) seit 1990. Im Gebäudebereich wurde das Ziel zwar knapp verfehlt, doch die Weichen seien gestellt, schreibt die Regierung.

Parallel zur Novelle des Klimaschutzgesetzes hat die Bundesregierung im Mai 2021 deshalb unter anderem ein „Sofortprogramm 2022“ beschlossen, das zusätzliche Maßnahmen enthält, damit Deutschland wie geplant bis 2045 klimaneutral wird. Die Bundesregierung will noch in diesem Jahr erhebliche zusätzliche Mittel für die Förderung energieeffizienter Gebäude bereitstellen.

Wohngebäude: Kein Corona-Profiteur beim CO2-Sparen

Der CO2-Ausstoß im Gebäudesektor ist im Jahr 2020 um 3.461 Kilotonnen auf 120.000 Kilotonnen, also 120 Millionen Tonnen, CO2-Äquivalente gesunken, nachdem er im Jahr davor noch angestiegen war – doch das reicht noch lange nicht. In der Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes ist ein Minderungsziel von 67 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente bis 2030 festgeschrieben.

Bei ihrer CO2-Bilanz profitierten alle Sektoren von Corona – die Bundesregierung verweist auf Schätzungen des Umweltbundesamts, nach denen „gut ein Drittel“ der Reduktion im Zusammenhang mit der Pandemie steht, etwa weil in der Industrie weniger produziert und weniger Strom verbraucht wurde – während der Gebäudesektor durch die Pandemie zusätzlich belastet war. So mussten Wohnungen, besonders mit Homeoffice, mehr geheizt oder Nichtwohngebäude trotz weniger Nutzung in Betrieb gehalten werden.

Der Expertenrat für Klimafragen, ein Sachverständigen-Gremium, das die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes des Bundes begleitet, führt laut Bericht mehr als die Hälfte der Reduktion auf Sondereffekte wie die Bekämpfung der Pandemie oder günstige Witterungsbedingungen zurück.

Fokus auf energetische Gebäudesanierung

Eine Studie aus dem Jahr 2020 im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) zeigt anhand von beispielhaften Berechnungen Einsparpotenziale von energetischen Sanierungen für Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und Reihenhäuser, dass je nach Umfang der Maßnahmen CO2-Einsparungen von rund 15 bis mehr als 90 Prozent machbar wären.

Das seit dem 1.1.2021 laufende Bundesförderprogramm für effiziente Gebäude (BEG), das im Juli in die zweite Phase gestartet ist, soll dabei helfen. Hier wurde Anfang November noch einmal so nachgebessert, dass die Sanierung künftig stärker im Fokus steht. Hohe Einsparpotenziale sieht die Bundesregierung auch bei nachhaltigen Bau- und Dämmstoffen, der besseren Einbeziehung des gesamten Lebenszyklus (wie „Cradle to Cradle“) von Baumaterialien in die Bauplanung und bei Klima- und Lüftungsanlagen.

Mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes 2021 wurden die Klimaziele für Deutschland erhöht. 2030 soll der Ausstoß von Treibhausgasen um mindestens 65 Prozent und bis 2040 mindestens 88 Prozent gegenüber 1990 sinken. Bis zum Jahr 2045 soll Deutschland treibhausgasneutral werden. Die Umsetzung der Novelle soll dann im nächsten Projektionsbericht abgebildet werden, ebenso wie das „Sofortprogramm 2022“.

„Projektionsbericht 2021“ sagt künftige CO2-Minderung voraus

Der Klimaschutzbericht 2021 enthält mit dem gemäß Artikel 18 der europäischen Governance-Verordnung 2018/1999 zu erstellenden sogenannten Projektionsbericht auch eine Prognose der zu erwartenden Treibhausgasminderung. Für die Berichterstattung an die EU-Kommission hat die Bundesregierung die Treibhausgasentwicklung bis 2040 schätzen lassen und zusammengefasst. Danach würden die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 allein mit den bis Ende August 2020 beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen um 49 bis 51 Prozent sinken.

Zu den berücksichtigten Klimaschutzmaßnahmen zählt as „Klimaschutzprogramm 2030“, das vom Bundeskabinett im Oktober 2019 beschlossen wurde. Die „weit überwiegende Anzahl der Maßnahmen wurde bereits umgesetzt oder befindet sich in Umsetzung“, heißt es in dem Bericht, darunter die CO2-Bepreisung. Einige neuere Entwicklungen erfasst die aktuelle  Projektion noch nicht oder nur eingeschränkt. Dazu gehört das „Fit For 55“-Gesetzespaket zur Umsetzung des EU-Klimaziels.

Es ist der erste Bericht nach den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes. Beschlossen hat ihn die geschäftsführende Bundesregierung am 5.11.2021 im Kabinett. Das CO2-Monitoring soll jährlich stattfinden. Die Zahlen dienen zur Bewertung der in dem Gesetz verbindlich festgelegten Ziele zur CO2-Reduktion der einzelnen Sektoren. Bei Zielverfehlungen müssen die Bundesressorts des jeweiligen Sektors innerhalb von drei Monaten Sofortmaßnahmen vorlegen.

Quelle: haufe.de

Studie: Energetische Gebäudesanierung rechnet sich schnell

Bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin ist der Klimaschutz einer der größten Zankäpfel, in der Wohnungswirtschaft sorgt er für einen Zielkonflikt: Teure energetische Gebäudesanierung versus bezahlbare Mieten. Eine neue Studie rechnet vor, warum sich der Aufwand finanziell lohnt.

Energieeffizientes Sanieren kommt dem Klima zugute, ist wirtschaftlich gerechtfertigt und amortisiert sich vor allem angesichts der steigenden Energiepreise schnell. Das ist die Quintessenz einer Studie des Forschungsinstituts für Wärmeschutz (FIW) in München. Darin heißt es es, dass sich die Maßnahmen innerhalb weniger Jahre lohnen, vorausgesetzt die staatlichen Förderungen werden fortgeführt und verstetigt.

Die Untersuchung mit dem Titel „Auswirkung der aktuellen Preissteigerung auf die Wirtschaftlichkeit energetischen Modernisierungsmaßnahmen“ wurde vom Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG) in Auftrag gegeben.

Die zentralen Erkenntnisse der Studie:

  1. Wenn die Sanierungsquote auf zwei Prozent gesteigert wird, kann der Gasverbrauch des Gebäudesektors in Deutschland bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent sinken. Gleichzeitig sinken die Treibhausgasemissionen um bis zu 87 Prozent.
  2. Ab spätestens 2030 sind die Betriebs- und Instandhaltungskosten unsanierter Gebäude höher als bei sanierten Gebäuden, bei denen die Investitionskosten bereits enthalten sind. Die Differenz der Energiekosten von sanierten zu unsanierten Häusern beläuft sich dann auf mehr als das Doppelte, Tendenz massiv steigend.

„Wenn wir nicht handeln, laufen wir außerdem ungebremst in das Problem der Energiearmut in unserer Gesellschaft hinein“, erklärt BuVEG-Geschäftsführer Jan Peter Hinrichs. „Viele Menschen werden sich ein warmes Zuhause nicht mehr leisten können. Wir müssen die Wärme im Gebäude halten.“

FIW-Studie „Auswirkung der aktuellen Preissteigerung auf die Wirtschaftlichkeit energetischen Modernisierungsmaßnahmen“

DZ Bank: Deutschland beim Wohnen aus Klimasicht kein Vorbild

Doch nicht nur ist die Sanierung des riesigen Bestands mühsam, auch neue Wohntrends machen viele Fortschritte zunichte – so lautet die These einer Studie der DZ Bank.

Trotz massiver Anstrengungen stagnieren dem Institut zufolge die direkten Treibhausgas (CO2)-Emissionen des Gebäudebestands seit 2014 bei rund 120 Millionen Tonnen pro Jahr. Ein Grund dafür sei, dass die Deutschen im Durchschnitt auf immer mehr Platz leben, was sich ungünstig auf den Energieverbrauch und auf die CO2-Emissionen auswirke. Eine Trendumkehr sei nicht in Sicht, schreiben die Autoren: „Die wachsende Zahl an Einpersonenhaushalten und der von der Pandemie verstärkte Wunsch nach geräumigen Wohnungen – auch mit Blick auf Homeoffice – dürften das Flächenwachstum weiter vorantreiben.“

Schlecht für die Klimabilanz sei auch die große Zahl „alter“ Immobilien in Deutschland. Der Großteil der 20 Millionen Wohngebäude mit knapp 43 Millionen Wohnungen brauche viel Energie, oft noch aus Öl und Gas. Die bei neuen Häusern beliebten Wärmepumpen spielten im Bestand bisher kaum eine Rolle. „Deutschland ist beim Wohnen aus Klimasicht kein Vorbild“, heißt es in der Studie.

Sanierungstempo steigern – ohne die Wirtschaftlichkeit zu vergessen

Weil es so viele sanierungsbedürftige Gebäude gibt, befürchten die Autoren, dass es „eher Jahrzehnte als Jahre“ dauern wird, bis die Klimabilanz im Bestand stimmt. Das Tempo beim Abbau der CO2-Emissionen reiche längst nicht aus, um die Umweltvorgaben der Bundesregierung zu erfüllen, die den Gebäudebestand bis zum Jahr 2045 klimaneutral machen will.

„Das Sanierungstempo muss steigen, ohne Mieter und Eigentümer zu überfordern“, schlussfolgert die DZ Bank. Denn spürbar steigende Mieten für Bestandswohnungen seien wohl selbst bei relativ hohen Fördermaßnahmen wahrscheinlich. Um den Spagat zwischen Klimaschutz und bezahlbarem Wohnen zu schaffen, seien eine bessere Effizienz und die Koordination von Maßnahmen nötig – niedrige Zinsen, Förderdarlehen und Zuschüsse etwa zum Dämmen könnten helfen.

Quelle: haufe.de

Hamburg: „Umwandlungsverbot“ für Mietwohnungen gilt

Nach dem Land Berlin hat jetzt auch Hamburg die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum reguliert: Die soll bis 2025 genehmigungspflichtig sein. Damit setzt der Senat das Baulandmobilisierungsgesetz als erstes Bundesland komplett um – die Rechtsverordnung für das Baugebot wurde im Juli beschlossen.

Das neue Baulandmobilisierungsgesetz enthält zwei Ermächtigungen, auf deren Grundlage die Bundesländer eine Rechtsverordnung zum angespannten Wohnungsmarkt erlassen können: § 250 Baugesetzbuch (BauGB), der sich auf das „Umwandlungsverbot“ bezieht, das eigentlich eine Bremse ist, und § 201a BauGB, der sich auf andere Maßnahmen bezieht, etwa auf das Baugebot. Hamburg hat als erstes Bundesland alle Instrumente des Baulandmobilisierungsgesetzes in Kraft gesetzt.

Hamburg: Am Anfang war das Baugebot

Zunächst hatte der Hamburger Senat am 13.7.2021 eine Rechtsverordnung erlassen, auf deren Grundlage Baugebote (§ 201a BauGB) durchgesetzt werden können, die gezielt den Wohnungsbau anordnen, wenn es sein muss. Auch kommunale Vorkaufsrechte will das Land auf dieser Grundlage verstärkt wahrnehmen. Dafür muss ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegen – und zwar laut Verordnung über das gesamte Stadtgebiet. Die  Kriterien zur Feststellung sind dieselben wie bei der Mietpreisbremse.

Kriterien für die Feststellung eines angespannten Wohnungsmarkts gemäß § 201a BauGB

  1. die Mieten steigen deutlich stärker als im bundesweiten Durchschnitt,
  2. die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte übersteigt den bundesweiten Durchschnitt deutlich,
  3. die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird,
  4. es besteht geringer Leerstand bei großer Nachfrage. 

Für das Baugebot kann Hamburg unter diesen Voraussetzungen anordnen, dass ein Grundstück mit einer oder mehreren Wohneinheiten bebaut werden muss. So sollen Grundstücke mit geltendem Planrecht und großem ungenutzten Wohnungsbaupotenzial der Spekulation entzogen werden. 

Auch das kommunale Vorkaufsrecht soll – neben anderen Aspekten – gegen Spekulation wirken. Es geht um Flächen, auf denen städtebauliche oder anlagenbezogene „Missstände“ herrschen oder solche, die lediglich umfriedet oder nur geringfügig und provisorisch bebaut sind. Gleichzeitig sind die Fristen für die Ausübung der Vorkaufsrechte angepasst und der preislimitierte Ankauf zum Verkehrswert erleichtert worden.

Hamburger Verordnung für „Umwandlungsverbot“

Im zweiten Schritt hat der Hamburger Senat am 2.11.2021 die „Verordnung über die Einführung einer Genehmigungspflicht für die Bildung von Wohneigentum nach § 250 Absatz 1 Satz 3 BauGB“ beschlossen. Damit wird künftig die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in ganz Hamburg in allen Gebäuden mit mehr als fünf Wohneinheiten genehmigungspflichtig sein.

Die Genehmigungspflicht ist eines der wichtigen Instrumente, die das im Juni 2021 in Kraft getretene Baulandmobilisierungsgesetz des Bundes geschaffen hat, um den Wohnungsbau zu erleichtern und Mieter vor Verdrängung aus ihren Wohnungen zu schützen. Die Genehmigungspflicht gilt zunächst bis zum 31.12.2025. Mit dem Baugebot im ersten Schritt und dem Erlass dieser Verordnung ist Hamburg bundesweiter Vorreiter bei der Umsetzung des Baulandmobilisierungsgesetzes.

Bedingungen für eine Genehmigung zur Umwandlung

  • die Umwandlung erfolgt im Rahmen einer Erbauseinandersetzung, um etwa eine Erbengemeinschaft aufzulösen oder den Nachlass auf die Miterben zu verteilen
  • die Eigentümer wollen die Wohnungen zur eigenen Nutzung an Familienangehörige verkaufen
  • mindestens zwei Drittel der Wohnungen werden an die aktuellen Mieter veräußert

In allen anderen Fällen soll die Umwandlung verhindert werden, damit die Wohnungen dem Markt weiter als Mietwohnungen zur Verfügung stehen. Mit der jetzt erlassenen Verordnung nach § 250 BauGB will Hamburg die positiven Effekte, die bereits in den Gebieten mit Sozialer Erhaltungsverordnung bewirkt werden, im gesamten Stadtgebiet erzielen – diese schützen Mieter bereits in 16 Wohngebieten vor Verdrängung.

Baulandmobilisierungsgesetz: „Umwandlungsverbot“ auch in Berlin

Auch das Land Berlin nutzt das Bundesgesetz bereits, bisher allerdings nur, um die Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen (§ 250 BauGB) zu erschweren.

Der Senat hatte in seiner Sitzung am 3.8.2021 auf Vorlage von Sebastian Scheel (Linke), Senator für Stadtentwicklung und Wohnen, eine Rechtsverordnung beschlossen, in der die ganze Stadt als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt ausgewiesen ist – die Bildung von Wohnungseigentum in bestehenden Gebäuden ab fünf Wohnungen bedarf künftig der behördlichen Genehmigung, denn „die Umwandlung von Mietwohnungen in Wohnungseigentum führt zum Verlust an bedarfsgerechten Mietwohnraum in der gesamten Stadt“, erklärte Scheel.

Bislang war in der Hauptstadt ein „Umwandlungsverbot“ nur in Milieuschutzgebieten möglich. Es gibt aber auch Ausnahmen: An Mieter darf zum Beispiel verkauft werden. „Die Umwandlungsverordnung nach § 250 BauGB kann bis Ende des Jahres 2025 wirksam Einfluss auf das Umwandlungsgeschehen nehmen und damit stadtweit helfen das Mietwohnungsangebot zu schützen“, so der Senator.

Quelle: Haufe.de

Basel III: Erst ab 2025 und mit „Hard Test“ für Immobilien

Die EU-Kommission hat ihren Gesetzesvorschlag zur Umsetzung der Basel-III-Bankenregeln vorgestellt. Der Start wurde erneut um zwei Jahre bis 2025 verschoben – und in Verbindung mit „Hard Tests“ werden für nationale Immobilienmärkte präferenzielle Risikogewichte gewährt.

Die Finanzierer in Europa müssen sich auf schärfere Kapitalregeln einstellen, allerdings will die EU-Kommission wegen der Pandemie die Übergangsfrist um zwei zusätzliche Jahre bis 2025 verlängern, wie sie bei Vorlage ihres Gesetzesvorschlags zur Basel-III-Reform am 27.10.2021 in Brüssel mitteilte. Die vollständige Umsetzung der Vorschriften soll bis 2030 erfolgen.

Die Regelungen könnten Immobilienfinanzierungen in Zukunft deutlich erschweren, kritisierte der Zentrale Immobilien Ausschusses (ZIA) die Pläne. Die einzelnen Nachbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Paket des Baseler Ausschusses seien gut, aber nicht geeignet, um die negativen Folgen für die Realwirtschaft abzufedern. Positiv bewertete der Verband, dass Brüssel jetzt doch die Möglichkeit einräumen will, nationalen Immobilienmärkten durch sogenannte „Hard Tests“ präferenzielle Risikogewichte zuzuweisen.

Lösungsvorschlag zu Immobilien: Völlig unzureichend?

„Aufgrund der historisch geringen Ausfallraten im deutschen Immobilienmarkt war dieser Schritt mehr als erforderlich“, sagte Sabine Barthauer, stellvertretende Vorsitzende des ZIA-Ausschusses Finanzierung. Positiv seien auch die stärkere Berücksichtigung aktueller Marktwerte bei der Berechnung der Risikogewichte sowie erleichterte Übergangsregeln etwa bei der Finanzierung von Wohnimmobilien.

Dass die EU-Kommission den Handlungsbedarf für das Geschäft mit Immobilienfinanzierungen erkannt hat, „nachdem das zuvor jahrelang negiert wurde“, sei positiv, bekräftigte Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer beim Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp). Allerdings sei die nun gefundene Regelung völlig unzureichend.

„Nicht zu verstehen ist zum einen, warum die Sonderbehandlung von Wohnimmobilien nur zeitlich befristet gelten soll, zum anderen, warum Gewerbeimmobilien unberücksichtigt bleiben“, so der vdp-Chef: „Denn – und da widersprechen wir den Aufsehern vehement – auch die Finanzierung von Gewerbeimmobilien ist sicher. Das wird durch den bereits heute in der Capital Requirements Regulation (CRR) geforderten und in Deutschland von der BaFin überwachten Hard Test nachgewiesen.“ Der vdp warnte vor den Folgen, die mit dem aktuellen Basel-III-Gesetzesvorschlag einhergehen.

vdp: Übererfüllung der Baseler Vorgaben beim „Output Floor“

„Der Gesetzesvorschlag führt speziell beim Output Floor zu einer Übererfüllung der Baseler Vorgaben“, erklärte Tolckmitt. Damit verbunden sei ein spürbarer Anstieg der Kapitalanforderungen an Kreditinstitute, der deutlich höher ausfallen werde, als jüngst von der EU-Kommission prognostiziert. Es sei grundlegend falsch, nur die Mindestkapitalanforderungen mit dem tatsächlich vorhandenen Kapital abzugleichen. Denn die von den Bankenaufsichtsbehörden erwarteten Kapitalquoten liegen stets über den Mindestkapitalanforderungen.

„Es werden weit mehr Banken zusätzliches Kapital benötigen, als die EU-Kommission in Aussicht stellt“, so Tolckmitt. Das ursprüngliche Ziel, mit der Basel-III-Reform die Eigenkapitalbelastung der Kreditwirtschaft „nicht signifikant“ zu erhöhen, werde klar verfehlt. Für risikoarme Geschäftsfelder wie die Immobilienfinanzierung sollten höhere Kapitalanforderungen gelten. Eine Übererfüllung der Basel-III-Regeln könnte das Angebot der Banken verknappen und deutlich erhöhte Finanzierungskosten für die Kreditnehmer mit sich bringen.

Bei den Immobilienfinanzierern sei rund die Hälfte der prognostizierten zusätzlichen Eigenkapitalanforderungen auf den sogenannten Output Floor zurückzuführen, der eine Untergrenze für das mindestens vorzuhaltende Eigenkapital darstellt.

„Basel III“: Start der Umsetzung auf 2025 verschoben

Als Folge der globalen Finanzkrise Ende der Nullerjahre hatten sich Notenbanken und Bankenaufseher der 27 wichtigsten Wirtschaftsmächte im Dezember 2017 auf schärfere Kapitalvorschriften für Banken geeinigt: Die sogenannten „Basel III“-Regeln – in der Finanzbranche auch „Basel IV“ genannt. Erarbeitet hatte die finale Reform zu Basel III der Baseler Ausschuss, der so heißt, weil er bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) angesiedelt ist, die ihren Sitz in Basel hat.

Eigentlich sollte die Einführungsphase 2019 starten, daraus wurde wegen Schwierigkeiten bei der technischen Umsetzung nichts. Dann sollten die Basel-III-Regeln ab dem 1.1.2022 gelten. Wegen der Coronakrise war den Kreditinstituten im März 2020 nach einem Beschluss des Aufsichtsgremiums des „Basel Committee on Banking Supervision“ (BCBS) aber der Aufschub bis 2023 eingeräumt worden. In ihrer vollen Schärfe sollen die Baseler Anforderungen dann nach fünf Jahren Übergangsfrist gelten – ursprünglich war das Januar 2027, mit der Corona-Verlegung wurde aber auch diese Frist um ein Jahr auf den 1.1.2028 verschoben.

Jetzt gibt die EU-Kommission den Banken noch einmal einen weiteren Aufschub um jeweils zwei Jahre. Start der nationalen Umsetzung ist im Januar 2025. Insgesamt müssen bis 2030 die Kapitalpuffer um bis zu 8,4 Prozent verstärkt werden, um mögliche Risiken besser abzufedern. Kredite an Unternehmen, die nicht von Rating-Agenturen bewertet werden, sollen die Institute nach dem Willen der EU-Kommission bis Ende 2032 nach und nach mit mehr Eigenkapital absichern.

Darum geht es bei der Basel-III-Reform

Im Kern geht es bei der finalen Reform darum, mit wie viel Eigenkapital die Banken ihre Geschäfte künftig absichern müssen. Ursprünglich sollten die Regeln nur Großbanken treffen, sie sollten – die Lehren hatten die Bankenaufseher aus der weltweiten Finanzkrise 2008 gezogen – künftig unter anderem bei der Berechnung von Kreditrisiken nur noch zu einem bestimmten Maß interne Modelle anwenden dürfen.

Das „Basel III“-Reformpapier legt einen Output Floor von 72,5 Prozent ab dem neuen Stichtag 1.1.2030 fest. Das heißt dann konkret: Ein mithilfe interner Modelle berechneter Eigenkapitalbedarf darf maximal um 27,5 Prozent niedriger als die Höhe des nach dem Kreditrisiko-Standardansatz ermittelten Eigenkapitalbedarfs sein. Damit müssen sich die Institute an eher konservative Standardmodelle halten.

Bevor die nun vorgelegten Vorschläge der EU-Kommission in Kraft treten, müssen allerdings noch das Europaparlament und die EU-Mitgliedstaaten zustimmen. Der vdp appellierte im Hinblick auf den anstehenden Legislativprozess an Kommission,Parlament und Rat, dass die mit der Basel III-Reform verbundenen Belastungen speziell für Immobilienfinanzierer spürbar reduziert werden.

Vorschlag der EU-Kommission Basel-III-Umsetzung

Quelle: haufe

Die Gewinner und Verlierer bei den Steuern

Ein Gastbeitrag von Michael Bormann

Beim Thema Steuern gab es im Bundestagswahlkampf große Unterschiede. Jetzt kristallisiert sich heraus, was von der absehbaren Ampel-Koalition zu erwarten ist. Unter anderem scheint eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes und auch eine Vermögenssteuer vom Tisch zu sein.

Im Wahlkampf haben sich Grüne und Sozialdemokraten eine Vermögenssteuer auf die Fahne geschrieben; sie wollten damit zumindest teilweise die Kosten der Corona-Pandemie finanzieren. Auch die Linke propagierte eine Vermögenssteuer. Allerdings ist eine solche Abgabe seit jeher ausgesprochen umstritten. Denn die Feststellung der Vermögen ist extrem aufwendig und kostspielig. Bei Bankkonten und Wertpapierdepots geht das natürlich, aber bei Autos, Kunst oder Schmuck ist es ausgesprochen komplex. Außerdem wäre zu befürchten, dass Vermögende ihren privaten Wohnsitz oder ihre Betriebe ins Ausland verlegen könnten. Der deutsche Fiskus ginge dann vollkommen leer aus. Vor diesem Hintergrund scheint es begrüßenswert zu sein, dass die FDP eine Vermögenssteuer offenbar verhindert.

Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes scheint ebenfalls dank der Freidemokraten vom Tisch. Davon profitieren natürlich Steuerzahler mit einem hohen Jahreseinkommen. SPD und Grüne wollten Gutverdiener stärker belasten, können sich damit aber wohl kaum durchsetzen. Eine Absage an eine Erhöhung der Einkommenssteuer bedeutet jedoch nicht, dass hier alles beim Alten bleibt. Denn die Wahlprogramme der drei Parteien enthielten jeweils Pläne für eine moderate Steuerentlastung. Von einer möglichen Erhöhung des Grundfreibetrags, bis zu dessen Höhe keine Einkommensteuer anfällt, und einer Glättung der Steuerprogression könnten vor allem kleinere und mittlere Einkommen profitieren. Allerdings äußerten sich SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und Grünen-Chef Robert Habeck skeptisch über die Finanzierbarkeit entsprechender Pläne.

Sparerpauschbetrag könnte steigen

Außerdem ist eine Erhöhung des Sparerpauschbetrags im Gespräch. Dieser liegt bislang bei 801 Euro und soll auf 1000 Euro steigen. Bis zu diesem Betrag wären alle Erträge aus Kapitalvermögen steuerfrei, beispielsweise Zinsen, Dividenden oder realisierte Kursgewinne aus Wertpapiergeschäften. Das würde allen Steuerzahlern zugutekommen, die zumindest über ein kleineres Vermögen verfügen.

Natürlich muss auch die FDP Zugeständnisse machen. So zeichnet es sich ab, dass die überfällige Abschaffung des Solidaritätszuschlags erst einmal auf sich warten lässt. Zu Erinnerung: Rund 10 Prozent der Steuerpflichtigen zahlen auf ihre Einkommen- und Körperschaftssteuer noch einen Aufschlag von 5,5 Prozent. Das belastet vor allem Selbstständige und kleine Unternehmen.

Eine Chance gibt es jedoch noch: SPD und Grüne könnten sich zu einer Abschaffung des Solidaritätszuschlags bereit erklären, wenn dafür im Gegenzug der Spitzensteuersatz (derzeit 42 Prozent) und der Reichensteuersatz (aktuell 45 Prozent) heraufgesetzt würden – beispielsweise um jeweils 2,5 Prozent. Für Gutverdienende würde das dann unterm Strich keine Mehrbelastung bedeuten. Und die FDP würde ihr Wahlversprechen „keine Steuererhöhungen“ einhalten.

Außerdem will der FDP-Chef in den Koalitionsverhandlungen über die rasant gestiegenen Spritpreise sprechen. Diese stellen vor allem Menschen mit einem langen Anfahrtsweg zur Arbeit vor eine finanzielle Herausforderung. Der größte Teil des Benzinpreises entfällt nicht auf den Treibstoff selbst, sondern auf Steuern und Abgaben. Ob hier eine Senkung mit den Grünen zu machen ist, dürfte allerdings mehr als fraglich sein.

Ungeklärte Finanzierung

Vor allem durch mögliche Änderungen bei der Einkommensteuer könnte spürbar weniger Geld an den Fiskus fließen. Da die FDP aber an der Schuldenbremse festhalten möchte, müsste es dann ähnlich wie bei der Diskussion um den Solidaritätszuschlag eine Gegenfinanzierung geben.

Populär ist es immer, die Abschaffung von Subventionen zu fordern. Die sich abzeichnende Ampel-Koalition will offenbar an die Kaufprämien für Plug-in-Hybride, also Autos mit Verbrennungs- und zusätzlichem Elektromotor, ran. Deren Kauf wird bislang noch mit bis zu 4500 Euro pro Fahrzeug staatlich bezuschusst.

Die Abschaffung dieser Subvention könnte durchaus sinnvoll sein. Die Technologie ist äußerst umstritten und macht die Fahrzeuge schwerer, was den Spritverbrauch erhöht, wenn die Autofahrer nur den Verbrennungsmotor nutzen. Das scheint gerade bei Firmenwagen häufiger der Fall zu sein. Es gibt immer wieder Berichte, dass beim Ablauf der Leasingverträge und der Rückgabe der Fahrzeuge die Stromkabel noch originalverpackt seien. Der SPD sind dagegen die steuerliche Begünstigung von Diesel und die Steuerbefreiung von Flugzeug-Kerosin ein Dorn im Auge. Hier dürften sie die Grünen auf ihrer Seite haben.

Außerdem soll ab 2023 für internationale Firmen weltweit eine Mindeststeuer in Höhe von 15 Prozent gelten. Die absehbare Ampel-Koalition verspricht sich davon für Deutschland jährliche Einnahmen von circa sechs Milliarden Euro.

Schließlich fordert eine Reihe von Politikern, Geldwäsche und Steuerhinterziehung stärker zu bekämpfen und Schlupflöcher zu schließen. Das betrifft zum Beispiel die Erbschaftssteuer. Dort werden Vermögen unterschiedlich besteuert, abhängig davon, ob es sich um Immobilien, Unternehmen oder Finanzvermögen handelt. Das könnte durchaus vereinheitlicht und damit auch vereinfacht werden. Allerdings gibt es solche Forderungen wahrscheinlich schon fast so lange, wie es Steuern gibt.

Dr. Michael Bormann ist Steuerexperte und seit 1992 Gründungspartner der Sozietät bdp Bormann Demant & Partner www.bdp-team.de. Schwerpunkte seiner Tätigkeiten sind neben Steuern die Bereiche Finanzierungsberatung sowie das Sanierungs- und Krisenmanagement bei mittelständischen Firmen.

Quelle: n-tv

Der Gebäudematerialpass: Wissen, was drinsteckt

Ein Materialpass dokumentiert alle in einem Gebäude verbauten Werkstoffe und Produkte. Dadurch entsteht Transparenz – und die bietet neue Bewertungsmöglichkeiten für die Recyclingfähigkeit einer Immobilie. Das Potenzial ist riesig.

Aus welchen Materialien ein Gebäude im Einzelnen besteht, ist meist unbekannt. Erst beim Abriss wird offenbar, welche Roh- und nicht selten auch gesundheitsbedenklichen Stoffe in der Immobilie stecken. Für eine qualitativ hochwertige Wiederverwendung ist es dann zu spät.

Von Beton über Backsteine bis Fliesen: Zwar wurden von den rund 74 Millionen Tonnen, die im Jahr 2018 an mineralischen Abfällen aus Bauschutt und Straßenaufbruch in Deutschland anfielen, rund 60 Millionen Tonnen recycelt. Jedoch kamen die aufbereiteten Baustoffe vorwiegend als Gesteinskörnungen im Straßen-, Erd- und Deponiebau zum Einsatz, wurden also „downrecycelt“. Im Hochbau spielten sie kaum eine Rolle. Ähnlich verhält es sich mit Altholz, Glas und kunststoffbasierten Produkten wie Bodenbeläge oder Dämmung. Für sie alle heißt es am Ende eines Gebäudelebenszyklusses in der Regel: Ab in den Müll. Denn für ein „zweites Leben“ in gleicher Qualität sind sie nicht gemacht.

Gebäudematerialpass: Transparenz bis zur kleinsten Schraube 

Echter Ressourcenschutz sieht anders aus und muss künftig auch anders aussehen: 22 Prozent des Rohstoffverbrauchs gehen hierzulande auf das Konto der Bauwirtschaft, die damit Platz Eins der ressourcenintensiven Wirtschaftssektoren belegt. Zugleich ist sie der größte Müllverursacher. 2018 summierte sich die Bauabfallmenge auf rund 228 Millionen Tonnen. Eine Verschwendung, die in Anbetracht der Notwendigkeit eines wirksamen Umwelt- und Klimaschutzes nicht länger haltbar ist.

Ein Gegenmittel kann der Gebäudematerialpass sein, mit dem es keinen Abfall mehr geben soll. Der Ausweis ist ein Werkzeug, das ermöglicht, die Wiederverwendbarkeit von Materialien bereits in der Planung zu berücksichtigen, damit diese nach dem Abriss recycelt und in gleicher Qualität erneut verbaut werden können. Bis zur kleinsten Schraube lässt sich dokumentieren, welches Material und welches Produkt von welchem Hersteller stammt.

Ist das Bauwerk fertiggestellt, informiert der Pass anhand von farbigen Kreisdiagrammen über die Demontagefähigkeit oder Materialverwertbarkeit einer Immobilie. Grün signalisiert eine durchweg positive Bewertung. Bei Gelb sind die Chancen eher mittelprächtig. Rot bedeutet, dass es Probleme gibt. Was sonst einer „Black Box“ gleicht, ist auf einen Blick ersichtlich: die Rcyclingfähigkeit und Ressourceneffizienz eines Gebäudes. So werden Immobilien zu Wertstoffdepots, die unendlich oft um- und rückbaubar sind, ohne je Müll zu hinterlassen.    

Wertschöpfungskette verändert sich  

Der Materialpass ist das Ergebnis des 2015 gestarteten, dreijährigen EU-Forschungsprojektes „Building as Material Banks“ (BAMB), an dem 15 europäische Unternehmen sowie Universitäten und Forschungsinstitute beteiligt waren. Aus Deutschland brachten Drees & Sommer und die TU München ihr Praxiswissen aus ersten „Cradle-to-Cradle“-Projekten ein, wie der Verwaltungsneubau der RAG-Stiftung auf dem Gelände der Zeche Zollverein in Essen und der Rathaus-Neubau der niederländischen Stadt Venlo.

Zunächst entwickelte das Team eine BIM-fähige Systematik und Datenbank, damit die Informationen aus einem BIM-Modell verlustfrei in einen elektronischen Materialpass zu transferieren sind und sich diese umgekehrt aus einem Materialpass in ein BIM-Modell exportieren lassen. Dann wurde an Baukonstruktionen mit recyclingfähigen Materalien getüftelt. Der inzwischen marktreife Ausweis stößt zunehmend auf Interesse bei Bauherren und Projektentwicklern.

In diesem Jahr stelle man voraussichtlich acht Pässe aus, schätzt Markus Diem, Leiter des Hamburger EPEA-Büros, ein Tochterunternehmen von Dress & Sommer. Im nächsten Jahr dürften es vermutlich mehr als 20 werden, darunter der für das Holz-Hybridgebäude „The Cradle“ in Düsseldorf. Überdies ist der Materialpass für das in der Hamburger Hafencity entstehende „Moringa“ in der Pipeline, das erste nach Cradle-to-Cradle-Prinzipien konzipierte Wohngebäude Deutschlands.

„Der Materialpass ist ein wichtiges Instrument, das die erforderliche Transparenz zur Etablierung der Circular Economy im Immobilienbereich schafft.“ Judith Busa, Teamleiterin Real Estate im Hamburger EPEA-Büro

Mit ihm lasse sich nicht nur die Kreislauffähigkeit von Materialien stichhaltig nachweisen, was Pluspunkte für eine DGNB-Zertifizierung bringe, sondern er erlaube zugleich Rückschlüsse auf den Restwert der Rohstoffe, die in einem Gebäude stecken, so Busa.

Ein Grundbuch für Materialien?

Die Online-Plattform Madaster („Material“ und „Kataster“) führt den Transparenzgedanken noch einen Schritt weiter. „Madaster stellt ein digitales Grundbuch dar, in dem die Daten aus Gebäudematerialpässen inventarisiert sind, um so die Kreislaufwirtschaft bei Neu-, Um- und Rückbau zu organisieren“, erläutert Dr. Patrick Bergmann, Geschäftsführer von Madaster Germany.

Je mehr bei mitmachten, um so größer werde der Materialpool und die Wertschöpfungsmöglichkeiten. In den Niederlanden, in der das als gemeinnützige Stiftung organisierte Kataster seit September 2017 freigeschaltet ist, befänden sich Materialdaten von rund 2.000 Gebäuden bereits auf der Plattform. Beispielsweise hat die Triodos Bank dort alle Produktinformationen des neu gebauten, 13.000 Quadratmeter umfassenden Hauptsitzes in Zeist nahe Utrecht hinterlegt.

Die Bank residiert also praktisch in einer „Materialbank“, deren Werte als Anlagevermögen dienen oder anderweitig kapitalisiert werden können. In Deutschland zählt das Netzwerk derzeit rund 20 strategische Partner (sogenannte „Kennedys“), zu denen unter anderem Arup, Becken Development, Buwog Bauträger, Drees & Sommer, EDGE Technologies, Holcim und Schüco gehören. Vor kurzem hat sich auch die Berlin Hyp angeschlossen und will sich mit ihrer Expertise in den Bereichen Bankwesen und Finanzierung einbringen, um die Realisierung kreislauffähiger Gebäude zu ermöglichen und die Wiederverwendung von Materialien zu fördern. Darüber hinaus arbeite man gemeinsam mit EPEA, Commerz Real und anderen an der genauen Materialerfassung von Bestandsbauten, berichtet Bergmann. Allerdings sei eine Lösung hierzfür zu finden deutlich komplizierter, zumal der Aufwand noch in keiner Relation zum Nutzen stünde.

EPEA-Chef Diem geht davon aus, dass die Relevanz von Materialausweisen weiter steigen wird: „Aus unser Sicht dürften Gebäudematerialpässe für den Neubau perspektivisch den gleichen Stellenwert bekommen, wie ihn Energieausweise haben“. Dann wären sie beim Bauantrag – und später bei Vermietung und Verkauf – obligatorisch. Aus der jetzigen Kür, könnte in nicht all zu ferner Zukunft also eine Pflicht werden. Höchst Zeit für die Immobilienbranche, zu wissen, was in ihren Gebäuden steckt.

Quelle: haufe.de

Nach dem Volksentscheid: Aussitzen wäre schädlich

Der Volksentscheid zur Enteignung Berliner Wohnungsunternehmen ist über die Bühne. Nun sagen viele, die Konsequenz halte sich in Grenzen. Viva Status quo. Wirklich? Ein Kommentar von Dirk Labusch, Chefredakteur der „Immobilienwirtschaft“.

Muss man jetzt überhaupt etwas tun? Der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis bringt die Möglichkeit ins Spiel, der Berliner Senat könne sich ja auch zurücklehnen. Beziehungsweise nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss kommen, dass ein Enteignungsgesetz verfassungsrechtlich hoch riskant sei. Das eigentliche Ziel des Volksentscheids – so Battis – sei im Übrigen gar nicht die Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen gewesen. Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ habe vielmehr nur ein Zeichen setzen wollen.

Die designierte Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey von der SPD, hat vor der Wahl immer wieder kundgetan, dass mit ihr eine Enteignung der großen Wohnungsgesellschaften nicht zu machen wäre. Also alles gut für den Status quo?

Never ever. Man stelle sich nur vor, was geschähe, wenn trotz des überwältigenden Signals jetzt nichts passierte, wenn ein im Grundgesetz und in der Berliner Landesverfassung legitimiertes Verfahren einfach gar keine Konsequenz hätte. Reagierte die Politik jetzt nicht, würde das die Gräben, die sich in Berlin und anderen Metropolen auftun, noch vertiefen. Das wäre bitter für die Demokratie und trüge sicher zu einer weiteren Radikalisierung bei.

Hoher Mobilisierungsgrad

Der Mobilisierungsgrad derjenigen, die vergesellschaftet haben wollen, ist hoch. Sie empfinden die Tatsache, dass reiche Investoren Wohnungen „teuer machen“, als bodenlose Ungerechtigkeit. Sie sind geradezu empört.

Die Gegner einer Enteignung sind es nicht. Satt und zufrieden sitzen sie in ihren Wohnungen, haben es trocken und warm, und wollten diese gerade eher nicht verlassen, um ein Kreuzchen zu machen. Das ist schlecht.

Mehr bauen, schnellere Verfahren, mehr Wohngeld, bessere Mietpreisbremse oder was sonst: Die Politik muss handeln, der Baukasten der Möglichkeiten ist groß. Es muss in einer bestimmten Zeit ein bestimmtes Ergebnis erbracht werden – am besten zusammen mit der Wohnungswirtschaft – und das Ergebnis ist dann adäquat zu kommunizieren. Das wird in der aktuellen Situation dauern. Aber vielleicht ist das gar nicht so schlecht: Berliner Schnellschüsse hat es schon genug gegeben.

Quelle: haufe.de

Berliner Votum für Immobilien-Enteignung: So geht es jetzt weiter

Die Wähler der Hauptstadt haben sich in einer Volksabstimmung dafür ausgesprochen, große Wohnbestände zu vergesellschaften. Was auf Mieter und Konzerne nun zukommen könnte.

Berlin, Frankfurt Bis zuletzt schenkten sich die Kontrahenten nichts. „Unterstütze unser Volksbegehren, und hilf uns dabei, Berlin zu retten“, warb die Initiative „Enteignet Deutsche Wohnen & Co“ lautstark um Unterstützung. Das Anliegen sei „unfassbar falsch“, der Stadt drohe ein Verfall wie in Kuba, warnte dagegen noch vor wenigen Tagen der Chef des Immobilienkonzerns LEG, Lars von Lackum.

Doch die Wahlberechtigten in der knapp vier Millionen Einwohner-Metropole schlugen die Mahnung in den Wind. Bei der Volksabstimmung darüber, ob Berliner Wohnungsbestände von großen Immobilienkonzernen vergesellschaftet werden, setzte sich die Initiative durch. Doch welche Folgen hat das Ergebnis? Und was ist juristisch überhaupt möglich? Im Folgenden ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten.

Muss der Senat jetzt ein Gesetz erarbeiten?

Nein, sagt der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis, der für den Verein „Neue Wege für Berlin“ ein Rechtsgutachten erstellt hat. Der neue Senat könne nach reiflicher Überlegung der Rechtslage zu dem Schluss kommen, dass ein solches Gesetz verfassungsrechtlich hochriskant sei, so Battis. Davon gehe er aus. Battis ist emeritierter Professor an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin und Rechtsanwalt in der Kanzlei GSK Stockmann.

Die Initiative beruft sich auf Artikel 15 des Grundgesetzes. Dort heißt es: „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.“ Angewandt wurde das Gesetz aber noch nie.

Wie schnell könnte eine Enteignung kommen?

Die Initiative hat keinen Gesetzentwurf zur Abstimmung gestellt, sondern lediglich eine Aufforderung an den Senat formuliert. Das Ergebnis der Abstimmung ist quasi eine Beratungsgrundlage für die Parteien, die nach der Wahl jetzt über eine Koalition verhandeln müssen.

Es wird deshalb vor allem davon abhängen, welche Regierung sich nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus herauskristallisiert, wie es mit den Enteignungsplänen weitergeht. So hat sich der bisherige Berliner Senat bislang nicht eindeutig zu den Enteignungsplänen positioniert, da die Koalitionspartner SPD, Linke und Grüne in dieser Frage gespalten sind. So gibt es auch in der SPD Stimmen, die Enteignungen befürworten. Spitzenkandidatin Franziska Giffey erteilte solchen Überlegungen allerdings eine klare Absage. Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus am Sonntag erreichte dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge die SPD 21,4 Prozent, während die Grünen mit 18,9 Prozent 2,5 Punkte dahinter lagen.

Wäre ein Gesetz überhaupt umsetzbar?

Staatsrechtler Battis verneint das. „Es bestehen gewichtige rechtliche Zweifel an der Umsetzbarkeit eines positiven Volksentscheids.“ Die von der Initiative geforderte Vergesellschaftung wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in privates Eigentum und verstieße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil nur Wohnungsbestände ab einer Schwelle von 3000 Wohnungen vergesellschaftet werden sollen.

Auch Esfandiar Khorrami von der Kanzlei Bottermann Khorrami zweifelt an der Umsetzbarkeit. Eine Vergesellschaftung nach dem Grundgesetz sei erst denkbar, wenn alle anderen Instrumente zur Entspannung der Mietwohnungsmärkte in Berlin erschöpft wären. Dazu zähle allerdings auch der noch ausbaufähige Neubau, so Khorrami. Falls sich eine Parlamentsmehrheit für ein Gesetz finden sollte, würden jahrelange Rechtsstreitigkeiten folgen.

Um wie viele Wohnungen geht es?

Nach dem Willen der Initiative sollen mehr als 200.000 der rund 1,5 Millionen Mietwohnungen in Berlin in den Besitz einer Anstalt des öffentlichen Rechts überführt werden. Sie gehören mehr als einem Dutzend Immobilienunternehmen. Hauptbetroffener wäre der börsennotierte Immobilienkonzern Deutsche Wohnen. Er besitzt bundesweit rund 158.000 Wohnungen, darunter 116.000 in Berlin, und ist oft wegen seines Umgangs mit Mietern in den Schlagzeilen.

Die Initiative zielt mit der Enteignungsidee darauf ab, „Spekulanten“, die Mieten in die Höhe treiben, einen Riegel vorzuschieben. Mit einer „Vergesellschaftung“ könne langfristig bezahlbarer Wohnraum gesichert werden, argumentiert die Initiative. Der Vorstoß solle eine Blaupause auch für andere Regionen in Deutschland sein.

Was sagt die Immobilienwirtschaft?

Die Wohnungskonzerne lehnen eine Enteignung rigoros ab – und warnen vor den Folgen. So warnt Roman Heidrich, Experte für Immobilienbewertungen bei Jones Lang LaSalle: „Höchst wahrscheinlich könnte es als direkte Reaktion zu einem sofortigen Stopp der meisten Investitions- und Modernisierungspläne führen, mit Auswirkungen auf die langfristige Bewirtschaftung der betroffenen Immobilien.“

Diplomatischer gibt sich dagegen der größte deutsche Wohnkonzern Vonovia, der gerade den Rivalen Deutsche Wohnen übernehmen will. „Vonovia wertet die erfolgreiche Volksabstimmung als weiteres Zeichen dafür, dass sich die Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt dringend ändern muss“, teilte der Dax-Konzern mit. „Eine Enteignung würde die Situation jedoch nicht verbessern, sondern nur verschlimmern.“

Sind die Berliner wirklich für eine Enteignung?

Trotz positiven Volksentscheids: Die Mehrheit der Berliner stehe einer Enteignung von Wohnungsunternehmen und -genossenschaften kritisch gegenüber, meint der Verein „Neue Wege für Berlin“. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Vereins habe gezeigt, dass nur 23 Prozent der Befragten die Enteignung für ein geeignetes Instrument hielten, um die Situation für Mieter und Wohnungssuchende in Berlin zu verbessern. 68 Prozent halten den Neubau bezahlbarer Wohnungen für das beste Instrument. Civey hat insgesamt 506 Berlinerinnen und Berliner vom 16. bis 22. September befragt.

Wie erklärt es sich, dass dennoch die Mehrheit für eine Enteignung gestimmt hat?

Es wird vermutet, dass viele Menschen angesichts steigender Mieten und Preisen ein Zeichen setzen wollten, damit das Bewusstsein in der Politik für den Wohnungsmarkt steigt.

Hat der Volksentscheid gar keine Konsequenzen?

Doch, findet der Jurist Battis. Die Initiative habe schon einiges bewirkt. Über Parteigrenzen und sämtliche gesellschaftliche Gruppen hinweg sei Wohnen bundesweit zu einem der beherrschenden Themen geworden. Im Wahlkampf seien die Themen mehr denn je in den Fokus gerückt. Gestritten werde über regulierende Maßnahmen der Politik und über den Wohnungsbau.

Der Verkauf eines großen Berliner Wohnungsportfolios der Immobilienkonzerne Vonovia und Deutsche Wohnen an den Berliner Senat sei auch eine Folge dieser Initiative, ist Battis überzeugt. Die vor einer Fusion stehenden Wohnungsriesen Vonovia und Deutsche Wohnen hatten jüngst für 2,46 Milliarden Euro Immobilien in Berlin an die öffentliche Hand veräußert. Die öffentlichen Wohnungsgesellschaften Degewo, Howoge und Berlinovo kauften insgesamt rund 14.750 Wohnungen. Hinzu kommen rund 450 Gewerbeeinheiten.

Wie geht es weiter auf dem Berliner Wohnungsmarkt?

Der rot-rot-grüne Senat war in den vergangenen Jahren eher einseitig auf die Regulierung der Mieten und auf Bestandswahrung fokussiert. „Wohnungsbau hat derzeit in Berlin keine Priorität“, sagte Michael Voigtländer vom IW Köln vor wenigen Tagen auf einer Online-Pressekonferenz des Berliner Beratungsunternehmens Rueckerconsult. Das zeige auch ein Blick auf die Aktivitäten in den anderen deutschen Metropolen. Demnach wurden in Berlin in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt 4,6 Wohnungen je 1000 Einwohner gebaut. Hamburg sei in diesem Zeitraum auf 5,2 Wohnungen je 1000 Einwohner gekommen, München auf 5,6 und Frankfurt auf 6,2.

Die Fertigstellungszahlen für Wohnungen waren 2020 erstmals seit 2009 wieder rückläufig. „Die Berliner Bauaufsichtsbehörden meldeten 16.337 fertiggestellte Wohnungen und damit rund 14 Prozent weniger als im Jahr zuvor“, mahnt Jacopo Mingazzini, Vorstand von The Grounds. Spiegelbildlich entwickle sich die Bau- und Genehmigungstätigkeit im benachbarten Brandenburg. Während in Berlin im ersten Halbjahr 2021 die Genehmigungszahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 30 Prozent zurückgingen, stiegen sie in Brandenburg um 15 Prozent.

Investoren mahnen vor allem dringend, Ruhe in die aufgeheizte Debatte zu bringen. „Der gute, schutzbedürftige Mieter auf der einen Seite, der böse, raffgierige Vermieter auf der anderen“, sagt Jürgen Michael Schick, Präsident des IVD Immobilienverband Deutschland. „Diese Konfrontation führt zu nichts und ist fernab der Realität.“

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Quelle: handelsblatt.com