Bayerns Regierung hat sich nach langem Hickhack auf ein überarbeitetes Klimaschutzgesetz geeinigt. Die Solarpflicht kommt jetzt doch nur für Gewerbedächer – und entlang der Autobahnen im Land. Wohngebäude sind ausgenommen. Weiterer Streit ist allerdings vorprogrammiert.
Die vom Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) angekündigte Nachbesserung des bayerischen Klimaschutzgesetzes hing über Monate in der Regierung fest. Den einen waren die Pläne zu ambitioniert, den anderen zu lasch. Am 15. November hat sich das Kabinett quasi auf einen Kompromiss geeinigt. Söder hat sich hierbei nicht durchgesetzt mit einer generellen Solardachpflicht, dagegen hatte sich Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gewehrt.
Mit dem Inkrafttreten des Klimaschutzgesetzes Anfang 2021 sollten Photovoltaikanlagen bereits verpflichtend auf Dächern von Gewerbeimmobilien installiert werden müssen, ab 2022 sollten dann private Wohnhäuser dazu kommen – daraus wird auch mit dem überarbeiteten Gesetzentwurf nichts, der bei den Grünen und in der SPD auf massive Kritik stößt. Bis das Gesetz in Kraft treten kann, wird es noch dauern.
Zunächst steht eine Anhörung von Verbänden und die parlamentarische Beratung an. Wenn es nach dem klimapolitischen Sprecher der Grünen, Martin Stümpfig, geht, könnte am Ende aber auch die Neuauflage des bayerischen Klimaschutzgesetzes ein juristisches Nachspiel haben: „Gegen diese Untätigkeit und Verweigerung im Klimaschutz, gegen diese verantwortungslose Regierung werden wir ankämpfen – das werden wir so nicht akzeptieren.“
Baden-Württemberg: Solaranlage muss im Mai 2022 auf’s Dach
Wer in Baden-Württemberg ein neues Wohnhaus bauen will, muss ab dem 1.5.2022 eine Solaranlage auf dem Dach installieren lassen – ab Januar 2023 gilt das auch bei einer „grundlegenden“ Dachsanierung von Bestandsgebäuden. Das novellierte Klimaschutzgesetz, das auch die kleinen „Häuslebauer“ betreffen wird, hatte die neue grün-schwarze Koalition am 13. Juli vorgelegt. Am 22.7.2021 wurde die Novelle in den Landtag eingebracht. Mit dem Klimaschutzgesetz soll das Land bis 2040 klimaneutral werden – bisher waren 90 Prozent bis 2050 das Ziel.
Auf eine Solarpflicht für gewerblich genutzte Gebäude hatten sich Grüne und CDU schon in der Legislaturperiode davor geeinigt, etwa für Einkaufsmärkte, Bürogebäude und Schulen. Zudem müssen künftig auch auf Parkplätzen ab einer Größe von 35 Stellplätzen Sonnenkollektoren aufgebaut werden – vorher galt das für Parkplätze ab 75 Stellplätzen.
Das Umweltministerium schätzt die Kosten für eine durchschnittliche Solaranlage auf knapp 10.000 Euro und ist überzeugt, dass sich die Investition langfristig lohne, weil Hauseigentümer den erzeugten Strom entweder einspeisen oder selbst verbrauchen könnten. Haus und Grund Baden-Württemberg schätzt die Mehrkosten (plus Stromspeicher) beim Neubau eines durchschnittlichen Einfamilienhauses auf 13.000 bis 15.000 Euro. Nach 15 bis 20 Jahren würden sich diese Kosten zwar amortisieren, hieß es, die Frage sei aber doch, ob sich die Anlage so lange halte.
Berlin macht Solaranlagen ab 2023 zur Pflicht
Die rot-rot-grüne Berliner Landesregierung beschloss im März 2020 einen „Masterplan Solarcity“. Der sieht vor, dass auf möglichst allen öffentlichen Gebäuden Photovoltaikanlagen installiert werden sollen. Mit dem „Solargesetz Berlin“, dem das Abgeordnetenhaus am 17.6.2021 zustimmte, werden auch private Eigentümer in die Pflicht genommen. Die allgemeine Solarpflicht wird mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1.1.2023 für Neubauten und für Bestandsgebäude bei einer „grundlegenden Dachsanierung“ gelten.
Im Gesetzentwurf sind auch Ausnahmen vorgesehen: Gebäude mit weniger als 50 Quadratmetern Nutzfläche, Härtefälle oder Häuser, deren Dach ungeeignet für eine Photovoltaikanlage ist, sollen von der Solarpflicht befreit sein. Bei den Gebäuden, die unter die Solarpflicht fallen, müssen die Anlagen zur Gewinnung von Strom oder Wärme aus Sonnenlicht den Plänen zufolge aber mindestens 30 Prozent des Daches umfassen. Alternativ kann die Anlage auch an der Gebäudefassade oder eine Solarthermieanlage installiert werden.
Kritik kam unter anderem vom BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen. Eine pauschale Solarpflicht sei der falsche Weg, sagte Dr. Jörg Lippert, Bereichsleiter Technik und Besonderer Vertreter: „So werden die dafür wichtigsten Akteure eher demotiviert als motiviert, den Weg zur Erreichung der Klimaneutralität zu forcieren.“
Schleswig-Holstein: Solar für Nicht-Wohngebäude und Großparkplätze
Jan Philipp Albrecht (Grüne), Umweltminister von Schleswig-Holstein, hat dem Kabinett am 16.2.2021 einen Entwurf für ein neues Klimaschutzgesetz vorgelegt. Das soll auch eine Solarpflicht regeln – zunächst für Nicht-Wohngebäude und Großparkplätze. Das neue Gesetz soll noch vor der Landtagswahl 2022 in Kraft treten.
Bei neuen Parkplätzen mit mehr als 100 Stellplätzen, Landesliegenschaften sowie dem Neubau und der Renovierung von Nicht-Wohngebäuden soll eine Überdachung mit Solaranlagen zum Standard werden. Im September 2020 hatte Albrecht zudem angekündigt, dass er sich auch für eine Solaranlagenpflicht auf Dächern von neuen Wohngebäuden stark machen wolle – davon war bislang allerdings nicht mehr die Rede.
Hamburg: Solaranlagen auf alten und neuen Gebäuden ab 2025
Die konkrete Umsetzung einer Solardachpflicht für alle Gebäude und die Einbindung von erneuerbaren Energien beim Heizungstausch hat der Hamburger Senat am 22.12.2020 mit der ersten Rechtsverordnung zum Klimaschutzgesetz beschlossen. Die Regelungen sehen unter anderem eine Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen ab 2023 auf allen Dächern im Neubau vor. Für Bestandsgebäude, bei denen das Dach erneuert wird, greift die Pflicht ab 2025.
Auch in dieser Rechtsverordnung sind Ausnahmeregelungen für die Solarpflicht vorgesehen. So hat die Umweltbehörde einen Amortisationszeitraum von 20 Jahren für die Anlagen zugrunde gelegt. Falls im Einzelfall die Amortisation länger dauern sollte, entfällt die Solarpflicht. Ebenso, wenn die Installation der Solaranlage technisch unmöglich sein sollte. Eine Mindestgröße für die Photovoltaikanlagen wird in Hamburg nicht vorgeschrieben.
Die Wohnungswirtschaft nannte den Beschluss „rücksichtlos, selbstherrlich und wenig vertrauenerweckend“ und einen „Bruch mit den guten Sitten“. Hunderttausende Mieter müssten durch die Verordnung mit höheren Wohnnebenkosten rechnen, erklärten der BFW Landesverband Nord, der Grundeigentümer-Verband Hamburg, der Immobilienverband IVD Nord und der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) in einer gemeinsamen Mitteilung.
Solarpflicht für Wohnhäuser: Bremen arbeitet noch an Details
Im Juni 2020 hatte die Bremische Bürgerschaft beschlossen, Bremen und Bremerhaven zu „Solar Cities“ zu machen. Bis 2030 sollen auf allen Dächern Solaranlagen montiert sein – für Neubauten und später bei großen Dachsanierungen verpflichtend, auch im Wohnbereich. Details wolle der rot-grüne Senat noch erarbeiten, hieß es.
Gesetzesentwurf für bundesweite Solarpflicht ab 2022
Im Juli 2021 hatte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eine Bundespflicht zur Installation von Solaranlagen auf öffentlichen und privaten Gebäuden angeregt. Daraufhin legte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Ausbaus von Solaranlagen zur Stromerzeugung auf Gebäuden auf den Tisch: Eigentümer von Neubauten sollen ab Mitte 2022 verpflichtet werden, auf Dachflächen Solaranlagen zur Stromerzeugung zu installieren und zu betreiben. Die Regelung soll dann auch für Bestandsbauten gelten, bei denen das Dach saniert wird.
Ausnahmen sollen möglich sein, wenn der Denkmalschutz oder eine Dachbegrünung nicht mit den Solar-Panelen vereinbar wären oder generell eine Installation von Photovoltaikanlagen mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. Von der Vorschrift befreien wollen die Grünen Hauseigentümer außerdem dann, wenn auf den angrenzenden Außenanlagen des Gebäudes bereits Solaranlagen oder Solarthermie zur Stromerzeugung eingesetzt werden.
Quelle: haufe.de