Negativbilanz: Es werden zu wenig Sozialwohnungen gebaut

100.000 neue Sozialwohnungen jährlich: Das ist das erklärte Ziel der Ampel-Koalition – und das wurde im vergangenen Jahr erneut verfehlt, berichtet die Bundesregierung. In der Pflicht sind die Länder. Die haben ihren Job unterschiedlich gut gemacht.

Es werden immer weniger statt mehr Sozialwohnungen in Deutschland: Ende 2022 gab es bundesweit rund eine Million Wohnungen für Menschen mit kleinen Einkommen – das sind rund 14.000 weniger als im Jahr 2021, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion, die der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt. Neu gebaut wurden demnach 22.545 Sozialwohnungen.

Die Ampel-Koalition hatte angekündigt, pro Jahr für 100.000 neue Sozialwohnungen sorgen zu wollen. Eine negative Bilanz ergibt sich trotz des Neubaus, da rund 36.500 Preisbindungen 2022 ausliefen, wie die Wohnungspolitik-Expertin der Linken, Caren Lay, feststellte. Das Geld kommt vom Bund, bauen müssen die Länder – und hier ist die Entwicklung unterschiedlich.

Bundesländer mit mehr Sozialwohnungen

So gab es etwa in Hessen einen Zuwachs von knapp 1.700 auf 82.172 Sozialwohnungen. In Hamburg stieg die Zahl nach einem Rückgang in den Vorjahren um rund 600 auf 81.006 Sozialwohnungen. Den umfangreichsten Neubau in dem Bereich gab es in Bayern mit 4.056 bewilligten Neubaumaßnahmen im Bereich der Mietwohnungsförderung und in Baden-Württemberg mit 3.898 solcher Maßnahmen.

Entgegen dem bundesweiten Trend ist die Zahl der Sozialwohnungen in Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren gestiegen. 2022 gab es landesweit 5.070 geförderte Wohnungen. Im Vorjahr sind 612 Wohnungen weniger gezählt worden. 2020 gab es in Sachsen-Anhalt nur 3.373 der geförderten Wohneinheiten. Auch in Sachsen stieg die Zahl der Sozialwohnungen: 2022 gab es im Freistaat insgesamt 12.541 Wohnungen, ein Jahr zuvor waren es 458 Wohnungen weniger. 2020 gab es in Sachsen laut dem Bericht insgesamt 11.904 Sozialmietwohnungen.

In Hessen belief sich der Sozialwohnungsbestand Ende 2022 auf 82.172  – das sind den Angaben zufolge 1.657 Sozialwohnungen mehr als im Jahr 2021. Auch beim Neubau hat Hessen zugelegt: Im vergangenen Jahr sind 1.505 Sozialwohnungen neu entstanden. Im Jahr zuvor waren es 1.367. Im Saarland gab es Ende 2022 mit 759 Wohnungen für Menschen mit kleinen Einkommen 66 mehr als Ende 2021.

Sozialwohnungen: Deutlicher Rückgang in Berlin

Viele Länder haben allerdings einen teils deutlichen Rückgang zu verzeichnen. So sank die Zahl der Sozialwohnungen in Niedersachsen um knapp 2.600 auf 52.601 und in Berlin um rund 4.500 auf 104.757 neue Wohnungen. Neu bewilligt wurde in der Hauptstadt der Bau von 1.935 staatlich geförderten Wohnungen. Zum Vergleich: Noch 2020 gab es in Berlin 111.964 Sozialwohnungen. Die schwarz-rote Koalition in Berlin will jährlich 5.000 Sozialwohnungen bauen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte deutlich mehr Sozialwohnungen in Rheinland-Pfalz. Im vergangenen Jahr habe es nur noch 39.200 Sozialwohnungen im Land gegeben, sagte die Landesvorsitzende Susanne Wingertszahn der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Das entspreche einem Rückgang im Vergleich zum Jahr 2011 von 45 Prozent.

Spitzenreiter bei den Zahlen an Sozialwohnungen

Die meisten Sozialwohnungen insgesamt verzeichneten Nordrhein-Westfalen (NRW) mit 435.025, Bayern mit 133.129 sowie Berlin. Spitzenreiter gemessen an der Einwohnerzahl waren Hamburg (4.281 pro 100.000 Einwohner), Berlin (2.790) und NRW (2398).

Der Bestand an Sozialwohnungen schrumpft aber auch in NRW weiter. Neu gebaut wurden in NRW 3.631 Sozialwohnungen. Das sind 853 weniger als ein Jahr davor. Die Zahl der neuen Wohnungen reichte nicht aus, die aus der Preisbindung fallenden Wohnungen zu ersetzen. Der Bestand sank von Ende 2021 bis Ende 2022 um 7.270 auf 435.025, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Die Zahl ist seit Jahren rückläufig.

Immer weniger Sozialwohnungen statt mehr

Die Zahl der Sozialwohnungen nimmt seit Jahren ab. Gab es in der alten Bundesrepublik noch fast vier Millionen Sozialwohnungen, waren es 2010 nur noch rund 1,6 Millionen und 2020 nur noch rund 1,1 Millionen. Die Mieten sind bei Sozialwohnungen staatlich reguliert. Für den Bau gibt es staatliche Zuschüsse oder vergünstigte Darlehen. Dafür gilt befristet eine gedeckelte Miete.

Wohnen dürfen dort nur Menschen, bei denen die Behörden einen besonderen Bedarf sehen. Nach einer bestimmten Zeit können die Wohnungen allerdings normal am Markt vermietet werden. Die Dauer dieser Bindung ist in den Ländern unterschiedlich geregelt.

Kritik an Ampel-Wohnungspolitik

Die Linken-Abgeordnete Lay warf der Ampel ein krachendes Scheitern der Wohnungspolitik vor. „Der Tiefstand beim sozialen Wohnungsbau beim Neubau und im Bestand ist angesichts ungebremst steigender Mieten und zunehmender Wohnungsnot höchst alarmierend“, sagte Lay der dpa.

Sie forderte unter anderem ein öffentliches Wohnungsbauprogramm und ein Sondervermögen für bezahlbares Wohnen. Mindestens 20 Milliarden Euro müssten pro Jahr in den Bereich fließen. Die IG Bau hatte zuletzt ein Sondervermögen von 50 Milliarden für den Bau von Sozialwohnungen gefordert.

Forderungen an die Bundesregierung

Der Bau-Experte der Unionsfraktion, Ulrich Lange (CSU), forderte den Bund auf, Grundstücke anzukaufen, um sie verbilligt an Kommunen für den sozialen Wohnungsbau abzugeben. Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds, sagte: „Der historische Tiefstand an Sozialwohnungen muss ein Weckruf für die Bundesregierung sein.“ Er verlangte ein Sofortprogramm für den Bau: Die Neubauförderung solle erhöht, „realistische“ Effizienzstandards sollten gesetzt und Erleichterungen bei der Grunderwerbssteuer umgesetzt werden.

Die Bundesregierung hat im Haushaltsentwurf 2024 eine Erhöhung der Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau auf rund 3,1 Milliarden Euro angekündigt, ab 2025 bis 2027 sollen es jährlich 3,5 Milliarden sein. Eingebrochen ist in diesem Jahr aber nicht nur der Bau günstiger Wohnungen.

Bundesregierung: Entwicklung des sozialen Wohnungsbaus

Quelle: www.haufe.de

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