Die Europäische Zentralbank (EZB) macht sich Sorgen um die Finanzstabilität einiger Länder. In Deutschland sind besonders die schnell steigenden Preise für Wohnimmobilien ein Risiko – erst recht, wenn die Blase platzt. Die Notenbank macht Druck auf die nationalen Regierungen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in ihrem aktuellen Finanzstabilitätsbericht (Financial Stability Review) die stark steigenden Wohnimmobilienpreise in Deutschland kritisiert. Nach Einschätzung der Notenbank hat das Risiko von Preiskorrekturen zugenommen, Deutschland muss dem Bericht zufolge reagieren.
Europaweit haben sich die Preise für Häuser und Wohnungen im zweiten Quartal 2021 im Schnitt um 7,3 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal 2020 verteuert – das sei die höchste Jahresrate seit 2005, heißt es in dem Bericht. Die EZB zählt die Wohnimmobilienmärkte von Deutschland, Österreich und Benelux zu den deutlich überbewerteten, die Preise steigen hier rascher als im Währungsraum insgesamt. Laut vdp-Immobilienpreisindex für das dritte Quartal 2021 sind die Preise für Wohneigentum hierzulande gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar um 11,4 Prozent gestiegen, so stark wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen durch die Pfandbriefbanken.
Kleine Kreditvergabestandards: Risiko für die Finanzstabilität
Einige Risiken sind geringer als noch vor sechs Monaten, wie EZB-Vizepräsident Luis de Guindos im EZB-Finanzstabilitätsbericht von November 2021 schreibt. So habe es weniger Unternehmensausfälle und Bankverluste gegeben. An anderer Stelle habe sich die Lage allerdings weiter verschärft, so sind etwa die Immobilienmärkte anfälliger für Preiskorrekturen geworden. Die Wohnungsmärkte im Eurogebiet seien rasch gewachsen, „und es gibt kaum Anzeichen dafür, dass die Kreditvergabestandards als Reaktion darauf verschärft wurden“, so de Guindos.
Deutschland sollte darüber nachdenken, gezielt finanzstabilisierende makroprudenzielle Maßnahmen graduell anzupassen – dazu gehört neben Obergrenzen für den Beleihungswertauslauf von Hypothekenkrediten unter anderem auch die Aktivierung antizyklischer Kapitalpuffer für Banken. Eine restriktivere Vergabe von Darlehen und höhere Kreditstandards könnten gegensteuern – wenn nicht, kann das der EZB zufolge die Finanzstabilität gefährden, falls die drohende Immobilienblase platzen und die Preise fallen sollten.
Die hohe Inflation in der Eurozone von mittlerweile mehr als vier Prozent sieht die EZB weniger als Gefahr für die Finanzstabilität. Über eine Anapssung der Geldpolitik an die aktuelle Lage soll im Dezember entschieden werden.
Financial Stability Review (FSR) von November 2021
Quelle: haufe.de