Bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin ist der Klimaschutz einer der größten Zankäpfel, in der Wohnungswirtschaft sorgt er für einen Zielkonflikt: Teure energetische Gebäudesanierung versus bezahlbare Mieten. Eine neue Studie rechnet vor, warum sich der Aufwand finanziell lohnt.
Energieeffizientes Sanieren kommt dem Klima zugute, ist wirtschaftlich gerechtfertigt und amortisiert sich vor allem angesichts der steigenden Energiepreise schnell. Das ist die Quintessenz einer Studie des Forschungsinstituts für Wärmeschutz (FIW) in München. Darin heißt es es, dass sich die Maßnahmen innerhalb weniger Jahre lohnen, vorausgesetzt die staatlichen Förderungen werden fortgeführt und verstetigt.
Die Untersuchung mit dem Titel „Auswirkung der aktuellen Preissteigerung auf die Wirtschaftlichkeit energetischen Modernisierungsmaßnahmen“ wurde vom Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG) in Auftrag gegeben.
Die zentralen Erkenntnisse der Studie:
- Wenn die Sanierungsquote auf zwei Prozent gesteigert wird, kann der Gasverbrauch des Gebäudesektors in Deutschland bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent sinken. Gleichzeitig sinken die Treibhausgasemissionen um bis zu 87 Prozent.
- Ab spätestens 2030 sind die Betriebs- und Instandhaltungskosten unsanierter Gebäude höher als bei sanierten Gebäuden, bei denen die Investitionskosten bereits enthalten sind. Die Differenz der Energiekosten von sanierten zu unsanierten Häusern beläuft sich dann auf mehr als das Doppelte, Tendenz massiv steigend.
„Wenn wir nicht handeln, laufen wir außerdem ungebremst in das Problem der Energiearmut in unserer Gesellschaft hinein“, erklärt BuVEG-Geschäftsführer Jan Peter Hinrichs. „Viele Menschen werden sich ein warmes Zuhause nicht mehr leisten können. Wir müssen die Wärme im Gebäude halten.“
DZ Bank: Deutschland beim Wohnen aus Klimasicht kein Vorbild
Doch nicht nur ist die Sanierung des riesigen Bestands mühsam, auch neue Wohntrends machen viele Fortschritte zunichte – so lautet die These einer Studie der DZ Bank.
Trotz massiver Anstrengungen stagnieren dem Institut zufolge die direkten Treibhausgas (CO2)-Emissionen des Gebäudebestands seit 2014 bei rund 120 Millionen Tonnen pro Jahr. Ein Grund dafür sei, dass die Deutschen im Durchschnitt auf immer mehr Platz leben, was sich ungünstig auf den Energieverbrauch und auf die CO2-Emissionen auswirke. Eine Trendumkehr sei nicht in Sicht, schreiben die Autoren: „Die wachsende Zahl an Einpersonenhaushalten und der von der Pandemie verstärkte Wunsch nach geräumigen Wohnungen – auch mit Blick auf Homeoffice – dürften das Flächenwachstum weiter vorantreiben.“
Schlecht für die Klimabilanz sei auch die große Zahl „alter“ Immobilien in Deutschland. Der Großteil der 20 Millionen Wohngebäude mit knapp 43 Millionen Wohnungen brauche viel Energie, oft noch aus Öl und Gas. Die bei neuen Häusern beliebten Wärmepumpen spielten im Bestand bisher kaum eine Rolle. „Deutschland ist beim Wohnen aus Klimasicht kein Vorbild“, heißt es in der Studie.
Sanierungstempo steigern – ohne die Wirtschaftlichkeit zu vergessen
Weil es so viele sanierungsbedürftige Gebäude gibt, befürchten die Autoren, dass es „eher Jahrzehnte als Jahre“ dauern wird, bis die Klimabilanz im Bestand stimmt. Das Tempo beim Abbau der CO2-Emissionen reiche längst nicht aus, um die Umweltvorgaben der Bundesregierung zu erfüllen, die den Gebäudebestand bis zum Jahr 2045 klimaneutral machen will.
„Das Sanierungstempo muss steigen, ohne Mieter und Eigentümer zu überfordern“, schlussfolgert die DZ Bank. Denn spürbar steigende Mieten für Bestandswohnungen seien wohl selbst bei relativ hohen Fördermaßnahmen wahrscheinlich. Um den Spagat zwischen Klimaschutz und bezahlbarem Wohnen zu schaffen, seien eine bessere Effizienz und die Koordination von Maßnahmen nötig – niedrige Zinsen, Förderdarlehen und Zuschüsse etwa zum Dämmen könnten helfen.
Quelle: haufe.de