Kein höherer Kaufpreis für vorkaufsberechtigten Mieter

Soll ein vorkaufsberechtigter Mieter bei Ausübung seines Vorkaufsrechts einen höheren Kaufpreis zahlen müssen als der Erstkäufer, ist dies eine unzulässige Vereinbarung zulasten Dritter. Das gilt auch, wenn der höhere Kaufpreis für den Erstkäufer nur ausnahmsweise, für den Vorkaufsberechtigten aber in jedem Fall gelten soll.

Hintergrund: Vorkaufsberechtigter soll höheren Kaufpreis zahlen

Die ehemalige Mieterin einer Wohnung in Berlin verlangt von der Vermieterin nach der Ausübung ihres Vorkaufsrechts die teilweise Rückzahlung des für die Wohnung gezahlten Kaufpreises.

Die Vermieterin hatte das Mehrfamilienhaus, in der sich die Wohnung befindet, in Wohnungseigentum aufgeteilt und die Wohnung der Mieterin verkauft. Im Kaufvertrag mit der Erwerberin (Erstkäuferin) war ein Kaufpreis von 163.000 Euro vereinbart, sofern die Mieterin ihr Vorkaufsrecht ausübt oder die Wohnung unvermietet übergeben wird. Für den Fall, dass die Wohnung vermietet übergeben wird, sollte der Kaufpreis zehn Prozent weniger betragen.

Die Mieterin übte ihr Vorkaufsrecht aus. Dabei wies sie darauf hin, dass sie die Kaufpreisabrede insoweit für unwirksam hält, soweit sie als vorkaufsberechtigte Mieterin einen höheren Kaufpreis zahlen soll als die Erstkäuferin.

Unter dem teilweisen Vorbehalt der Rückforderung zahlte die Mieterin 163.000 Euro an die Vermieterin. Sie verlangt nun einen Teilbetrag von 16.300 Euro zurück.

Entscheidung: Gleicher Preis für alle

Die Klage hat vor dem BGH Erfolg. Die Mieterin kann einen Teil des Kaufpreises zurückfordern.

Der Mieterin stand nach der Umwandlung in Wohnungseigentum gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Vorkaufsrecht an der Wohnung zu, das sie rechtswirksam ausgeübt hat. Dadurch ist zwischen ihr und der Vermieterin ein Kaufvertrag zu denselben Bedingungen zustande gekommen, wie er zwischen der Vermieterin und der Erstkäuferin abgeschlossen worden war.

Der nach diesem Vertrag geschuldete Kaufpreis beträgt lediglich 146.940 Euro. Die Abrede, dass unter bestimmten Bedingungen der höhere Kaufpreis von 163.000 Euro zu zahlen ist, ist teilweise unwirksam, weil es sich hierbei um eine unzulässige Vereinbarung zulasten Dritter handelt.

Wäre die Vereinbarung wirksam, würden hierdurch die Rechte der Mieterin verkürzt, denn diese müsste bei Ausübung ihres Vorkaufsrechts immer den höheren Preis zahlen, während die Erstkäuferin den höheren Preis nur unter bestimmten engen Voraussetzungen schuldete. Durch § 464 Abs. 2 BGB soll aber gewährleistet werden, dass den Vorkaufsberechtigten nach dem Inhalt seines Kaufvertrags keine anderen, insbesondere keine ungünstigeren Bedingungen treffen als diejenigen, die für den Erstkäufer aufgrund seines Kaufvertrags mit dem Verkäufer gelten.

Eine differenzierende Kaufpreisabrede lässt sich nicht dadurch rechtfertigen, dass die Wohnung bei fortbestehendem Mietverhältnis aus Sicht der Erstkäuferin eine an einen Dritten vermietete Wohnung ist, aus Sicht der vorkaufsberechtigten Mieterin aber nicht und sich dies auf die Höhe des zu erzielenden Kaufpreises auswirken kann.

Auch lässt sich nicht allgemein sagen, dass sich für vermietete Wohnungen nur ein niedrigerer Kaufpreis erzielen lässt als für unvermietete. Es ist daher nicht gerechtfertigt, eine Erhöhung des Kaufpreises vom Erlöschen mietvertraglicher Bindungen abhängig zu machen.

Die Vermieterin war letztlich „nur“ Eigentümerin einer vermieteten Wohnung. Soweit der Umstand der Vermietung für sie einen Nachteil darstellt, gibt es keinen Grund, diesen Nachteil auf Kosten der Mieterin auszugleichen.

(BGH, Urteil v. 23.2.2022, VIII ZR 305/20)

Quelle: Haufe.de

Gebäude-AfA: Wertgutachten reicht für höhere Abschreibung

Vermietete Immobilien können in der Regel über 50 Jahre zu zwei Prozent jährlich steuerlich abgeschrieben werden. Für einen höheren AfA-Satz müssen Eigentümer eine kürzere Nutzungsdauer nachweisen. Dafür reicht laut einem Urteil ein normales Wertgutachten.

Von vermieteten gewerblich genutzten Immobilien können Eigentümer steuerlich profitieren, indem sie Gebäude über die Nutzungsdauer hinweg abschreiben – im Normalfall mit einer linearen Abschreibung von zwei Prozent pro Jahr laut Einkommenssteuergesetz (EstG). Nach 50 Jahren wäre ein Objekt so vollständig abgeschrieben. Bei jedem Eigentümerwechsel werden Abschreibungshöhe und -dauer neu ermittelt.

Vermieter, die eine kürzere Restnutzungsdauer nachweisen können, profitieren steuerlich von höheren Absetzungen für Abnutzung (AfA). Ein Wertgutachten reicht als Grundlage zur Ermittlung des AfA-Satzes, hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden (Urteil vom 27.1.2022, Az. 1 K 1741/18 E). Darauf weist der Bund der Steuerzahler hin.

Die Entscheidung des FG Münster basiert auf einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28.7.2021 (Az. IX R 25/19), das die Verkürzung der Nutzungsdauer erleichtert hatte. Es kann sich „jeder Darlegungsmethode bedient werden, die im Einzelfall geeignet erscheint“, so der BFH. Bis dahin verlangten Finanzämter teils die Vorlage eines kostspieligen Bausubstanzgutachtens.

Höherer AfA-Satz bei tatsächlich kürzerer Nutzungsdauer

In dem Fall hatte ein Vermieter ein Grundstück gekauft, für das ein Sachverständigengutachten auf Grundlage der Regelungen der zum Stichtag gültigen Wertermittlungsverordnung (WertV) vorlag. Demnach wies das Gebäude eine Restnutzungsdauer von 30 Jahren aus. Der Eigentümer setzte daraufhin in seinen Einkommensteuererklärungen eine jährliche Abschreibung des Gebäudes von 3,33 Prozent statt der üblichen zwei Prozent als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung an.

Das Finanzamt berücksichtigte aber nur den kleineren Abschreibungssatz. Grundsätzlich sei ein Gebäude zwar nach festen AfA-Sätzen (hier zwei Prozent pro Jahr) abzuschreiben, bei einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer als 50 Jahre könne, meint auch das FG Münster, aber nach Wahl der steuerpflichtigen Person von höheren Sätzen ausgegangen werden.

Dieses Urteil bestätige die BFH-Entscheidung nicht nur, sondern erleichtere die Verkürzung noch einmal enorm, sagte David Glasenapp, Geschäftsführer der Gutachter-Plattform Nutzungsdauer.com – denn die durch Privatgutachten vorgelegte Nutzungsdauer könne nur dann verworfen werden, wenn sie eindeutig außerhalb des angemessenen Schätzungsrahmens liege. „Selbst, wenn im Finanzgerichtsverfahren ein vom Gericht bestellter Gutachter zu einem anderen Ergebnis käme, müssten die Ergebnisse schon erheblich divergieren, um verworfen werden zu können“, so Glasenapp.

Vermieter sollten daher gerade bei einem Neukauf prüfen, ob ein Gutachten eine kürzere Nutzungsdauer bescheinigt, rät Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler. Die neue Rechtsprechung lässt dabei auch Online-Gutachten und solche Gutachten zu, die sich ausnahmslos auf die Nutzungsdauer einer Immobilie beschränken.

Quelle: Haufe.de

Für Kündigung wegen Mietschulden zählt nur Gesamtrückstand

Ob ein Mietrückstand für zwei aufeinanderfolgende Termine so erheblich ist, dass er eine fristlose Kündigung rechtfertigt, richtet sich nur nach der Höhe des Gesamtrückstandes. Eine Bewertung der einzelnen monatlichen Rückstände erfolgt nicht.

Hintergrund: Kündigung wegen Mietrückständen

Die Vermieterin einer Wohnung verlangt von der Mieterin nach einer Kündigung die Räumung.

Von der Bruttomiete in Höhe von monatlich 704 Euro war die Mieterin für Januar 2018 einen Betrag von 135 Euro schuldig geblieben. Für Februar 2018 zahlte sie gar keine Miete. Wegen dieser Rückstände erklärte die Vermieterin die fristlose, hilfsweise die fristgerechte Kündigung des Mietvertrages.

Während das Amtsgericht der anschließenden Räumungsklage stattgab, wies das Landgericht die Klage ab. Nach Meinung des Landgerichts war der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB – Verzug mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete für zwei aufeinanderfolgende Termine – nicht gegeben. Zwar übersteige der Gesamtbetrag des Mietrückstands von 839 Euro eine Monatsmiete und sei daher nicht unerheblich. Jedoch sei für den ersten der beiden Monate (Januar 2018) kein nicht unerheblicher Teil der Miete offengeblieben. Der Rückstand für diesen Monat betrage nur 19 Prozent der Monatsmiete. Als nicht unerheblicher Rückstand für einen Monat könne hingegen nur ein Mietanteil etwa in Höhe einer hälftigen Monatsmiete angesehen werden.

Entscheidung: Nur Gesamtrückstand ist für Kündigung maßgeblich

Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und gibt der Räumungsklage statt.

Es hat ein wichtiger Grund für die Kündigung im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB vorgelegen, weil die Mieterin für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug war. Der rückständige Teil ist nach § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB dann nicht unerheblich wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Dabei kommt es – anders als das Landgericht meint – nur auf den rückständigen Gesamtbetrag an.

Eine darüberhinausgehende gesonderte Bewertung der Höhe der einzelnen monatlichen Rückstände im Verhältnis zu einer Monatsmiete sieht das Gesetz nicht vor. Es kommt daher nicht darauf an, ob jeder rückständige Teilbetrag für sich genommen im Verhältnis zur monatlichen Miethöhe nicht unerheblich ist.

(BGH, Urteil v. 8.12.2021, VIII ZR 32/20)

Quelle: Haufe

Kündigungsausschluss kippt Sonderkündigungsrecht nicht

Nach der Zwangsversteigerung einer vermieteten Wohnung zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen kann der Ersteher auch dann sein Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG ausüben, wenn im Mietvertrag ein Ausschluss der Eigenbedarfskündigung vereinbart ist.

Hintergrund: Kündigung trotz Kündigungsausschluss

Die Vermieter einer Eigentumswohnung verlangen vom Mieter nach einer Kündigung die Räumung. Sie hatten die vermietete Wohnung per Zwangsversteigerung erworben. Vier Tage später erklärten sie die Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs, da die Wohnung für ihren volljährigen Sohn benötigt werde.

In dem 2005 mit dem damaligen Eigentümer abgeschlossenen Mietvertrag ist unter anderem folgende Vereinbarung enthalten:

„Eine Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter ist ausgeschlossen.“

Unter Berufung auf diese Klausel akzeptiert der Mieter die Eigenbedarfskündigung nicht.

Entscheidung: Sonderkündigungsrecht bleibt bestehen

Der BGH gibt den Vermietern Recht. Die Eigenbedarfskündigung ist wirksam.

Der im Mietvertrag vereinbarte Ausschluss einer Eigenbedarfskündigung steht der vorliegenden Kündigung nicht entgegen. § 57a ZVG gewährt demjenigen, der eine vermietete Immobilie durch Zwangsversteigerung erwirbt, ein Sonderkündigungsrecht. Der Ersteher ist berechtigt, das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen, wobei die Kündigung nur für den erstmöglichen Termin zulässig ist. Dieses Sonderkündigungsrecht wird durch schuldrechtliche Vereinbarungen – wie hier über den Ausschluss einer Eigenbedarfskündigung – nicht ausgeschlossen, weil es zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen gehört.

Ausgeschlossen ist das Sonderkündigungsrecht ausnahmsweise dann, wenn der Mieter im Zwangsversteigerungsverfahren sein Mietrecht angemeldet hat und der Zuschlag unter Ausschluss des Sonderkündigungsrechts erteilt worden ist. Dies war hier aber nicht der Fall, sodass das Sonderkündigungsrecht bestand.

Hier haben die Ersteher die Kündigung sofort nach dem Erwerb zum nächstmöglichen Termin ausgesprochen. Zudem haben sie mit dem Eigenbedarf ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses – ein solches ist gemäß § 573d Abs. 1 BGB auch für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts erforderlich – dargelegt.

(BGH, Urteil v. 15.9.2021, VIII ZR 76/20)

Quelle: Haufe.de

„Sonstige Betriebskosten“ sind in der Abrechnung aufzuschlüsseln

Mehrere Kostenarten dürfen in der Betriebskostenabrechnung nur zusammengefasst werden, wenn sie eng zusammenhängen. Ein enger Zusammenhang liegt nicht vor, soweit im Mietvertrag die Umlage diverser Kosten als „sonstige Betriebskosten“ vereinbart ist.

Hintergrund: Vermieterin fasst „sonstige Betriebskosten“ zusammen

Die Vermieterin und die Mieterin einer Wohnung streiten über eine Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung.

Im Mietvertrag ist unter der Position „sonstige Betriebskosten“ die Umlage der Kosten der Trinkwasseruntersuchung, der Dachrinnenreinigung und diverser Wartungskosten vereinbart.

In der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2014 wies die Vermieterin unter „sonstige Betriebskosten“ einen bestimmten Betrag aus, ohne näher aufzuschlüsseln, aus welchen Einzelpositionen sich dieser zusammensetzt. Die Mieterin hält die Abrechnung insoweit für formell unwirksam und weigert sich, die geforderte Nachzahlung zu leisten.

Entscheidung: Kosten müssen aufgeschlüsselt werden

Die Vermieterin kann keine Nachzahlung verlangen, denn die Abrechnung ist hinsichtlich der „sonstigen Betriebskosten“ formell nicht ordnungsgemäß. Die Vermieterin hätte die sonstigen Betriebskosten nach Kostenarten aufschlüsseln müssen.

Eine Aufschlüsselung nach Kostenarten ist immer dann erforderlich, wenn die einzelnen abgerechneten Kostenarten nicht eng zusammenhängen. Ein enger Zusammenhang besteht grundsätzlich bei den Kosten innerhalb der einzelnen Ziffern des Betriebskostenkataloges. Dementsprechend hat der BGH die Abrechnung der Kosten für Sach- und Haftpflichtversicherung in einer Summe unter „Versicherungen“ zugelassen.

Ein enger Zusammenhang liegt hingegen nicht vor, wenn im Mietvertrag die Umlage diverser Kosten als „sonstige Betriebskosten“ vereinbart ist. Bei deren Abrechnung sind die einzelnen Kostenarten anzugeben und der Vermieter muss aufschlüsseln, welche Beträge für die jeweilige Kostenart angefallen sind.

(BGH, Beschluss v. 6.7.2021, VIII ZR 371/19)

Quelle: haufe

Herbststürme: Wer haftet wann für Schäden?

Erst war es „Ignatz“, dann „Hendrik“: Die ersten Herbstürme fegen über das Land und Meteorologen warnen teils vor schweren Orkanböen, in einigen Regionen sogar vor Tornados. Von Schäden sind auch Gebäude betroffen. In der Regel haften die Eigentümer. Doch auch Verwalter können Pflichten haben.

Die ersten heftigen Sturmtiefs haben Deutschland erreicht. Windböen in unter anderem Niedersachsen, ein Tornado in Schleswig-Holstein haben bereits massive Schäden angerichtet, auch Häuser wurden beschädigt. Was passiert, wenn zum Beispiel lose Dachziegel bei starkem Wind auf andere Gebäude oder Autos fallen, wenn Bäume oder Äste dem Sturm nicht standhalten und Personenschäden verursachen?

In der Regel obliegt dem Eigentümer die Verkehrssicherungspflicht – kurz gefasst: die Verantwortung für den ordnungsgemäßen und gefahrlosen Zustand des Gebäudes – und auch die Kontrollpflicht. Vermieter können die Pflichten durch Vereinbarungen im Mietvertrag oder in der Hausordnung auf Mieter übertragen, dann muss kontrolliert werden, ob die Verkehrssicherungspflicht eingehalten wird.

Was muss der Eigentümer tun vor und nach einem Sturm?

„Sicherungs- und Schadenminderungsmaßnahmen sollten sofort ergriffen werden“, sagt Michael Commans, Experte für Versicherungsschutz in der Immobilienwirtschaft und Geschäftsführer bei der Best Gruppe, mit der der Bundesverband der Immobilienverwalter (BVI) zusammenarbeitet.

So müssen nicht nur Dachziegel und Regenrinnen regelmäßig kontrolliert werden, vor und nach dem Sturm, auch Schornsteine, Solaranlagen oder Satellitenschüsseln beispielswiese, genauso wie Zäune und Bäume auf einem Grundstück. Ein Baum muss stabil und standsicher sein. Zu sichtbaren Hinweisen auf mögliche Gefahrenquellen rät der Verband Wohneigentum: Das könne im Schadensfall relevant werden, so ein Hinweisschild könne etwaige Haftungsansprüche reduzieren.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann einen Verwalter bestellen – der fungiert gemäß § 9b Wohnungseigentumsgesetz (WEG) als ausführendes Organ, das die Pflichten der Gemeinschaft erfüllt. Seit der am 1.12.2020 in Kraft getretenen WEG-Reform obliegt die originäre Verkehrssicherungspflicht der Gemeinschaft, die haftet für Pflichtverletzungen der Verwaltung.

Eigentümergemeinschaft: Pflichten des WEG-Verwalters

Bei manch einem eingetretenen Schaden ist Eile geboten: Etwa, wenn ein Sturm das Dach beschädigt hat und es schon ins Haus hineinregnet. „In einem solchen Notfall kann und muss der Verwalter nach § 27 Abs 1. Nr. 2 WEG ohne eine vorherige Einberufung einer Eigentümerversammlung handeln und dafür sorgen, dass die Gefahrenlage beseitigt wird und sich der Schaden somit nicht vergrößert“, erklärt Martin Kaßler, Geschäftsführer des Verbandes der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV).

Für Maßnahmen, die der dauernden Behebung der Schadensursache dienen, kommt es laut Kaßler darauf an, ob diese noch von § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG  umfasst sind – beziehungsweise ob die Gemeinschaft dem Verwalter über § 27 Abs. 2 WEG die notwendige Entscheidungskompetenz eingeräumt hat.

Im Wohnungseigentumsgesetz ist zudem geregelt, dass die Verwaltung dazu verpflichtet ist, für eine angemessene Versicherung der Eigentümer gegen Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht-Ansprüche zu sorgen. Der Verwalter kann im Innenverhältnis zur Eigentümergemeinschaft haften, wenn er seiner Aufgabenerfüllung als Organ der WEG schlecht oder gar nicht nachkommt.

Was müssen Verwalter der Versicherung mitteilen?

Immobilienverwalter sollten unbedingt darauf achten, nichts ohne aussagefähige Dokumentation und Beweissicherung zu unternehmen, so  Versicherungsexperte Commans. „Also Fotos vom Gesamt- und Detailschaden machen und diese samt Rechnung für die erfolgte Notreparatur vorlegen.“

Für die Schadensbegleichung durch die Versicherung könnten außerdem auch Zeugenaussagen dokumentiert werden, ergänzt VDIV-Chef Kaßler. Bei der Meldung sollten Schadensumfang und -zeitpunkt möglichst exakt beschrieben und alle beschädigten Gegenstände aufgelistet werden. Commans zufolge sollten die zerstörten und beschädigten Sachen bis zur abschließenden Schadenbearbeitung oder Entsorgungsfreigabe des Versicherers falls möglich aufbewahrt werden.

Der VDIV weist zudem darauf hin, dass ein ersatzpflichtiger Sturmschaden nur bei mindestens „Windstärke 8“ entsteht – das entspricht einer Windgeschwindigkeit von 62 Kilometern pro Stunde. Nachweisbar ist die Windstärke am einfachsten durch Wetterdaten. Hilfsweise kann der Versicherungsnehmer in der Umgebung entsprechende Schäden an baulich einwandfreien Gebäuden und widerstandsfähigen Sachen zum Vergleich heranziehen, um zu beweisen, dass der Schaden am eigenen Gebäude ebenfalls nur durch den Sturm entstanden sein konnte.

Grundsätzlich ist der entstandene Schaden schnellstmöglich dem Versicherungsmakler respektive dem Versicherer zu melden. Für die tatsächliche Reparatur der Schäden müssten Verwalter Kostenvoranschläge einholen und der Versicherung nachreichen.

Was sollten Immobilienverwalter präventiv tun?

Zu den dem Verwalter übertragenen Aufgaben im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht gehört es, Mängel am Gebäude festzustellen, die Wohnungseigentümer über diese zu unterrichten und ihre Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeizuführen. Das passiert durch regelmäßige Begehungen der Wohnanlage, um sicherzustellen, dass sie sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet.

Der Verwalter kann Hilfskräfte hinzunehmen oder Wartungsfirmen beauftragen. Zur Kontrolle gehört auch, dass der Verwalter Hinweisen von Eigentümern oder anderen Dritten zeitnah nachgehen muss. In Bezug auf Sturmschäden wird häufig das Dach zur Gefahrenquelle. Dieses Risiko kann er durch eine jährliche Wartung etwa in Kombination mit einer Dachrinnenreinigung im Herbst verringern.

Im Gemeinschaftseigentum befindliche Gehölzen wie Bäume sollten laut VDIV am besten regelmäßig vom Fachmann inspiziert und von Totholz befreit befreit werden. Commans rät außerdem dazu, im Hinblick auf weitere Stürme den vorhandenen Versicherungsumfang genau zu prüfen – und gegebenenfalls nachzujustieren.

Welche Versicherung zahlt bei Sturmschäden?

Je nach Schaden kommen unterschiedliche Versicherungen in Frage. Die Gebäudeversicherung zahlt Schäden am Haus. Dazu zählen auch das gemeinschaftliche Eigentum oder im Sondereigentum stehende Gebäudeteile. Der Klassiker bei Stürmen sind abgedeckte oder beschädigte Dächer.

Die Gebäudeversicherung kommt aber grundsätzlich auch für Folgeschäden wie durchfeuchtete Wände oder Fußböden auf. In der Regel werden Gebäude heutzutage neben der Feuergefahr auch gegen die Gefahren Sturm, Hagel und Leitungswasser versichert. Dabei empfiehlt es sich, den Versicherungsschutz auch auf Nebengebäude und Gebäudebestandteile – wie Zäune – zu erweitern und die Beseitigung durch vom Sturm umgestürzte Bäume zu prüfen. Gerade Letzteres kann kostspielig werden.

Je nach baulicher Situation sollte die Gebäudeversicherung zudem durch weitere Bausteine ergänzt werden: Bei einem besonders hohen Glasanteil der Architektur ist eine Glasversicherung eine Überlegung wert. Eine Photovoltaikanlage erfordert in vielen Fällen ebenfalls eine eigene Versicherung.

Ergänzende Hinweise des VDIV:

  • Verursacht ein Sturm eine Überschwemmung im Keller, dann zahlt die Gebäudeversicherung in der Regel nur, wenn extra eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen wurde.
  • Die Hausratversicherung des einzelnen selbstnutzenden Wohnungseigentümers oder Mieters deckt Schäden an dessen beweglichem Hab und Gut ab, also etwa den zerfetzten Sonnenschirm auf dem Balkon. Hiermit hat der WEG-Verwalter nichts zu tun.
  • Die (Teil-)Kaskoversicherung ist der richtige Ansprechpartner, wenn es um Schäden an Fahrzeugen auf dem Stellplatz der Wohnanlage geht. Auch das ist nicht Aufgabe des WEG-Verwalters.

Quelle: haufe

Hingebogener Eigenbedarf reicht nicht

Hat eine juristische Person einen kleinen Miteigentumsanteil an einer vermieteten Wohnung auf eine natürliche Person übertragen, um eine Eigenbedarfskündigung zu ermöglichen, kann die anschließende Kündigung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam sein.

Hintergrund: Gesellschaft verschenkt Mini-Anteil an Wohnung

Vermieter und Mieter einer Wohnung streiten über eine Kündigung wegen Eigenbedarfs.

Eigentümer der Wohnung und alleinige Vermieterin war zunächst eine Aktiengesellschaft (AG). Nachdem diese vergeblich versucht hatte, das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zugunsten eines Vorstandes zu kündigen, übertrug die AG nach anwaltlicher Beratung einen 5/100-Miteigentumsanteil an der Wohnung schenkweise der 18-jährigen Tochter des Vorstandes. Ziel war, eine Kündigung wegen Eigenbedarfs zu ermöglichen.

Nach Vollzug der Schenkung kündigten die AG und die Tochter des Vorstandes das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs der Tochter und erhoben schließlich Räumungsklage. Diese hatte vor dem Landgericht keinen Erfolg. Das Landgericht hielt die Kündigung für rechtsmissbräuchlich. Die AG könne als juristische Person keinen Eigenbedarf geltend machen. Dies habe durch die schenkweise Übertragung eines völlig unbedeutenden Miteigentumsanteils lediglich umgangen werden sollen.

Entscheidung: Eigenbedarfs-Trick funktioniert nicht

Der BGH teilt die Meinung des Landgerichts. Das Verhalten der Vermieterinnen war rechtsmissbräuchlich. Deren Vorgehensweise zeichnete sich dadurch aus, dass die AG der Tochter des Vorstandes mit der Schenkung eines 5/100-Miteigentumsanteils formal eine minimale Miteigentümerstellung verschafft hat, allein mit dem Ziel, eine Eigenbedarfskündigung zu ermöglichen, die der AG als juristische Person nicht möglich war. Eine nennenswerte Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse an der Wohnung war damit nicht verbunden.

Dass das Landgericht dieses Vorgehen als rechtsmissbräuchlich beurteilt hat, ist nicht zu beanstanden. Der BGH empfahl daher den Vermieterinnen, ihre Revision gegen das Urteil des Landgerichts zurückzunehmen, was diese schließlich auch taten.

(BGH, Beschluss v. 30.3.2021, VIII ZR 221/19)

Quelle: www.haufe.de

Wohnungsbau am Ortsrand: § 13b BauGB wird verlängert

§ 13b Baugesetzbuch (BauGB) erleichtert das Bauen am Ortsrand erheblich. Die Regelung lief jedoch Ende 2019 aus – mit der Bauland-Novelle (Baulandmobilisierungsgesetz) wird sie wieder aktiviert. Kritiker bezweifeln, dass das Instrument zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum taugt.

Die Regelung des § 13b Baugesetzbuch (BauGB) erleichtert den Wohnungsbau am Ortsrand deutlich. Der Passus ist bei Naturschützern verpönt, weil er eine Umweltprüfung nicht vorsieht. Eingeführt wurde die Vorschrift 2017, um möglichst schnell Wohnraum für Flüchtlinge schaffen zu können. Ende 2019 lief die Regelung aus. Das Bundesinnenministerium erklärte im Sommer 2020, das Ziel des Paragrafen, den Wohnungsbau zu erleichtert, sei „angesichts des in vielen Regionen Deutschlands bestehenden Wohnraummangels weiterhin geboten“.

Mit der BauGB-Novelle unter dem sperrigen Begriff „Baulandmobilisierungsgesetz“ soll § 13b BauGB wieder eingeführt werden und bis Ende 2022 laufen: Der Wohnungsbau auf bis zu 10.000 Quadratmeter großen Flächen, „die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen“, wird dann einfacher. Dem hat der Bundestag am 7.5.2021 zugestimmt.

Die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag hatte die Staatsregierung aufgefordert, das Gesetz im Bundesrat zu stoppen. Das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr stellte am 10. Mai einen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses im Wohnungsbauausschuss des Bundesrates und scheiterte, wie das Ministerium mitteilte. Damit könnte das Gesetz wie geplant am 28. Mai vom Bundesrat verabschiedet werden und danach in Kraft treten.

Immobilienbranche: „§ 13b BauGB ist ein guter Hebel“ für Wohnungsbau

Die Immobilienbranche zeigte sich der Idee aus dem Bundesinnenministerium von Anfang an zugetan, wäre aber gerne einen Schritt weiter gegangen und wollte den Paragrafen bis zum Jahr 2032 verlängert sehen. „Wir brauchen Planungs- und Baubeschleunigung, um zügig mehr Wohnraum zu schaffen“, erklärte Dr. Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA). „§ 13b BauGB ist dafür ein guter Hebel.“

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund sprach sich dafür aus, dass der Paragraf in die Verlängerung geht. Die Norm habe sich zur Schaffung von bezahlbaren Wohnungen bewährt. Die Sorge, dass durch die Verlängerung des § 13b BauGB eine „ausufernde oder gar ungesteuerte Entwicklung“ im Außenbereich von Ortschaften folgen könnte, wie von Naturschützern befürchtet, teilte der Verbund nicht. Vorgaben gebe es ja weiterhin.

Mit der nicht modifizierten Entfristung des § 13b BauGB im Zuge der Bauland-Novelle sieht wiederum die Architektenkammer Baden-Württemberg (AKBW) die Chance verpasst, Klimaschutz und Klimaanpassung im Baurecht zu verankern. Auch die AKBW erwartet von ihrer Landesregierung eine Bundesratsinitiative: „Der unkonditionierte § 13b würde das Ziel, das Land zum Musterland des Klimaschutzes zu entwickeln, unterminieren“, heißt es in der Begründung.

Flächenverbrauch: Naturschützer mahnen 30-Hektar-Ziel an

Der Paragraf ist dennoch umstritten. Das Bundesamt für Naturschutz etwa warnte bei Vorstellung der Pläne 2020, dass durch § 13b BauGB etwa Instrumente des Umwelt- und Naturschutzes ausgehebelt würden. Hinzu komme, dass die Zersiedlung der Landschaft vorangetrieben werde. Jessel mahnte das 30-Hektar-Ziel der Bundesregierung an. „Was einmal für 2020 geplant war, wurde bereits auf 2030 verschoben: den Flächenverbrauch auf 30 Hektar pro Tag zu begrenzen“, erklärte Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes.

In den vergangenen Jahren sei das Thema Flächen sparen hinter die Diskussion der Rolle des Bodens als Engpassfaktor für bezahlbaren Wohnraum zurückgetreten, kritisierte auch der Trierer Wirtschaftswissenschaftler Dirk Löhr bei einem Fachgespräch des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung in Berlin. Die Bauland-Neuausweisungen fänden in der Regel dort statt, wo sie am wenigsten benötigt würden.

Das Umweltbundesamt kam in einer Studie zu dem Ergebnis, dass § 13b BauGB vor allem von kleineren, ländlich geprägten Gemeinden genutzt wird und für kleinere Bauvorhaben mit geringer Dichte. Demnach steht viel Flächenverbrauch wenig Linderung der Wohnungsnot gegenüber.

Quelle: Haufe

Fristlose Kündigung – Eigenmacht kann teuer werden

1 Leitsatz

Veranlasst der Vermieter durch sein vertragswidriges Verhalten eine fristlose Kündigung des Mieters, muss er dem Mieter als Kündigungsfolgeschaden sämtliche Kosten ersetzen, die dem Mieter für den Umzug in eine andere Wohnung entstehen.

2 Normenkette

§§ 280, 284, 535 BGB; §§ 543 ff., 552 ZPO

3 Das Problem

Der Mieter kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich und fristlos kündigen (§ 543 Abs. 1 BGB). Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Mieter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens des Vermieters und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann, z. B. wenn das Vertrauensverhältnis zum Vermieter zerrüttet ist. Gleiches gilt, wenn der Vermieter den Hausfrieden nachhaltig stört (§ 569 Abs. 2 BGB).

4 Die Entscheidung

Diese Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des Mieters liegen nach einem neuen Urteil des BGH vor, wenn der Vermieter oder ein von ihm beauftragter Handwerker ohne Erlaubnis des Mieters dessen zur Wohnung gehörigen Balkon betritt. Teuer kann es für den Vermieter werden, weil der Mieter in diesem Fall von dem Veranlasser der Kündigung – dem Vermieter – den Ersatz sämtlicher Schäden verlangen kann, die ihm durch den Umzug in eine andere Wohnung entstehen. Als Positionen dieses sog. Kündigungsfolgeschadens kommen nach Auffassung des BGH in Betracht: Kosten einer Zwischenunterkunft, Kosten für Umzug bzw. Einlagerung von Mobiliar, Kosten für den Umbau bzw. Transfer der bisherigen Mietereinbauküche sowie die Maklerkosten für die Anmietung einer Ersatzunterkunft.

Dagegen stellen Maklerkosten in Zusammenhang mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung keinen erstattungsfähigen Schaden dar, wenn der Mieter nach seinem Auszug aus der Mietwohnung in eine Eigentumswohnung zieht. Zwar ist – so der BGH – der Erwerb von Eigentum an einer Wohnung bzw. einem Haus noch eine adäquat kausale Reaktion des Mieters auf eine Pflichtverletzung des Vermieters, da es nicht fernliegend ist, dass der Mieter den notwendigen Wohnungswechsel zum Anlass nimmt, seine Wohnbedürfnisse künftig nicht in angemieteten, sondern eigenen Räumlichkeiten zu befriedigen und zu dessen Erwerb einen Makler einschaltet. Jedoch sind die im Zuge des Eigentumserwerbs aufgewandten Maklerkosten nicht mehr vom Schutzzweck der jeweils verletzten Vertragspflicht umfasst. Eine Haftung des Vermieters besteht nur für äquivalente und adäquate Schadensfolgen, d. h., der entstandene Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit dem Gebrauchserhaltungsinteresse des Mieters stehen. Dies ist bei den Maklerkosten nicht der Fall, da der Mieter mit Hilfe des Maklers nicht nur seinen Besitzverlust an der Mietwohnung ausgeglichen hat, sondern darüber hinaus im Vergleich zu seiner bisherigen Stellung als Mieter Eigentümer geworden ist. Anders als bei einem Mieter bestehen bei einem Eigentümer hinsichtlich der Nutzung seiner Wohnung keine vertraglichen Bindungen. Zudem ist dieses Nutzungsrecht zeitlich nicht begrenzt. Beim Abschluss eines Mietvertrags ist dem Mieter die Erlangung eines zeitlich begrenzten Gebrauchsrechts bewusst. Erwirbt er eine Wohnung bzw. ein Hausanwesen zum Eigentum, verfolgt er bezüglich der Deckung seines Wohnbedarfs andere Interessen als bisher. Die gleichen Grundsätze gelten nach einem weiteren Urteil des BGH, wenn der Mieter aufgrund eines vorgetäuschten Eigenbedarfs des Vermieters aus der Wohnung ausgezogen ist.

5 Entscheidung

BGH, Urteile v. 9.12.2020, VIII ZR 238/18 und VIII ZR 371/18, NZM 2020 S. 1038

Quelle: Haufe Verwalter Praxis

Installation einer Lademöglichkeit: Anspruch?

1 Leitsatz

Eine Duldung der eigenmächtigen Installation einer Lademöglichkeit für ein Elektroauto ergibt sich nicht aus § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG a. F. Diese Vorschrift soll lediglich einen gewissen Mindeststandard entsprechend dem Stand der Technik ermöglichen. Ladestationen in Tiefgaragen gehören nicht zum geltenden Mindeststandard.

2 Normenkette

§ 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG a. F.

3 Das Problem

Im Jahr 2018 bringt Wohnungseigentümer B eigenmächtig im Wandbereich seiner Tiefgaragenstellplätze eine Wallbox-Elektroladestation an. Die Versorgung der Wallbox erfolgt über Stromkabel. Die anderen Wohnungseigentümer lehnen es ab, die Anbringung zu genehmigen. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geht ferner gegen B auf Rückbau vor. B ist der Ansicht, die Errichtung einer Ladestation habe entsprechend § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG keines Beschlusses bedurft. Der Rückbau stehe außerdem im Widerspruch zum geplanten § 20 Abs. 2 WEG. Aus dem Gesetzgebungsverfahren ergebe sich ein Vertrauen schaffender Tatbestand. Jedenfalls sei das Verfahren hilfsweise bis zum Erlass des Gesetzes auszusetzen.

4 Die Entscheidung

Das LG gibt der Klage auf Rückbau statt! Es handele sich bei der Wallbox um eine unzulässige, den anderen Wohnungseigentümern nachteilige bauliche Veränderung. Die Zustimmung der Miteigentümer zu der baulichen Veränderung sei auch nicht entbehrlich bzw. von diesen zu dulden gewesen. Eine Duldung der Installation der Ladestation ergebe sich nicht aus § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG. Denn diese Vorschrift solle lediglich einen gewissen Mindeststandard entsprechend dem Stand der Technik ermöglichen. Zwar sei B’s Vortrag zutreffend, dass die Schaffung von Ladestationen zur Unterstützung der E-Mobilität auch von der Bundesregierung gefördert werde. Allerdings würden zum jetzigen Zeitpunkt Ladestationen in Tiefgaragen nicht zum geltenden Mindeststandard gehören. Aber selbst dann, wenn die Installation einer Ladestation unter die Norm fallen würde, würde diese keine Ermächtigung zur eigenmächtigen Errichtung einer Ladestation begründen. Etwas anderes gelte auch nicht aufgrund der geplanten WEG-Reform. Durch Gesetzgebungsverfahren werde kein Vertrauenstatbestand begründet.

Hinweis

Der Fall spielt im alten Recht. Im aktuellen Recht wäre die Rechtslage anders. Denn nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG hat jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf angemessene bauliche Veränderungen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen.

Überblick:

  • Jeder Wohnungseigentümer kann nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Handelt es sich um Maßnahmen, die über die Erhaltung des Sondereigentums hinausgehen, zum Beispiel um die Errichtung einer Lademöglichkeit auf einem Stellplatz, gilt er entsprechend.
  • Der Begriff der „Lademöglichkeit“ ist im Hinblick auf die technische und rechtliche Weiterentwicklung ohne Rückgriff auf die Ladesäulenverordnung oder andere Regelwerke autonom zu bestimmen. In Betracht kommen für Garagenstellplätze zurzeit vor allem die einfache Ladesteckdose (Haushaltssteckdose) und Wallboxen und für den Außenbereich Ladesäulen.
  • Der Begriff „elektrisch betriebenes Fahrzeug“ ist autonom ohne Rückgriff auf das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) zu bilden. Erfasst sind neben den im EmoG genannten Fahrzeugen (ein reines Batterieelektrofahrzeug, ein von außen aufladbares Hybridelektrofahrzeug oder ein Brennstoffzellenfahrzeug) etwa auch elektrisch betriebene Zweiräder oder spezielle Elektromobile für Gehbehinderte.
  • Dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen alle baulichen Veränderungen, die es ermöglichen, die Batterie eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs zu laden. Dem Laden dient ferner, was zur Umsetzung von Vorgaben des Messstellenbetriebsgesetzes oder zur Teilnahme an einem Flexibilitätsmechanismus nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes erforderlich ist. Hierzu gehören z. B. Veränderungen, die zum Einbau und Betrieb der notwendigen Mess- und Steuereinrichtungen erforderlich sind, Veränderungen von Zählerschränken oder die kommunikative Anbindung der Ladeeinrichtung an ein intelligentes Messsystem.
  • Der Anspruch aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG umfasst zum einen die Anbringung eines Ladepunktes oder einer Ladestation an der Wand – „Wallbox“. Er betrifft zum anderen aber auch die „Ladeinfrastruktur“, also die Summe aller elektrotechnischen Verbindungen, Mess-, Steuer- und Regelungseinrichtungen, einschließlich Überstrom- und Überspannungsschutzeinrichtungen, die zur Installation, zum Betrieb und zur Steuerung von Ladepunkten für die Elektromobilität notwendig sind, sowie die „Leitungsinfrastruktur“, also die Gesamtheit aller Leitungsführungen zur Aufnahme von elektro- und datentechnischen Leitungen in Gebäuden oder im räumlichen Zusammenhang von Gebäuden vom Stellplatz über den Zählpunkt eines Anschlussnutzers bis zu den Schutzelementen.
  • Der Anspruch beschränkt sich nicht auf die Ersteinrichtung eines Ladepunktes oder einer Ladestation, sondern betrifft auch deren Verbesserung, z. B. durch die Installation eines Lastmanagementsystems oder die Erweiterung der Hausanschlussleistung.
  • § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG räumt einem Wohnungseigentümer nicht das Recht ein, ein zu ladendes Fahrzeug für die Zeit des Ladevorgangs im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums abzustellen. Ein solcher Anspruch besteht nur, wenn der Wohnungseigentümer das Recht hat, das zu ladende Fahrzeug im Bereich der begehrten Lademöglichkeit abzustellen. Keine Rolle spielt es, ob sich dieses Recht aus dem Sondereigentum, einem Sondernutzungsrecht oder lediglich dem Recht zum Mitgebrauch einer gemeinschaftlichen Abstellfläche ergibt.
  • Entstehen beim Mitgebrauch Kapazitätsprobleme, müssen diese nach allgemeinen Regeln gelöst werden, etwa durch einen Beschluss, der regelt, wann welcher Wohnungseigentümer das gemeinschaftliche Eigentum gebrauchen darf. Dabei sind alle interessierten Wohnungseigentümer gleich zu behandeln, ungeachtet der Tatsache, wie lange sie das gemeinschaftliche Eigentum schon gebrauchen.
  • Ein Wohnungseigentümer erhält durch den Umstand, dass er die Kosten der Installation einer Lademöglichkeit getragen hat, kein Alleingebrauchsrecht an einem bestimmten Stellplatz, der dieser Lademöglichkeit zugeordnet ist. Nicht nur er darf ein Fahrzeug auf diesem Stellplatz abstellen, um dort sein elektrisch betriebenes Fahrzeug beispielsweise jeden Abend wieder aufzuladen. Zwar ist der Wohnungseigentümer, dem eine Maßnahme nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG gestattet wurde, nach § 21 Abs. 1 Satz 2 WEG allein berechtigt, diese zu nutzen. Dieses Alleingebrauchsrecht besteht aber nur für die Lademöglichkeit, nicht für den vor diesem liegenden Stellplatz. Möglich ist es, an dem Stellplatz ein Sondernutzungsrecht zu bestellen oder diesen dem entsprechenden Wohnungseigentümer zu vermieten, solange nicht auch andere Wohnungseigentümer ihr Recht anmelden und durchsetzen, die Lademöglichkeit mitzugebrauchen. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen zu den Kapazitätsproblemen entsprechend.
  • Die Wohnungseigentümer sind nicht befugt, den Anspruch aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG mit Blick auf beschränkte Kapazitäten etwa der gemeinschaftlichen Elektroinstallationen abzulehnen. Entweder teilen sich in einem solchen Fall alle an der Nutzung interessierten Wohnungseigentümer die beschränkten Kapazitäten oder sie rüsten die bestehenden Elektroinstallationen gemeinsam auf und tragen nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WEG die dafür notwendigen Kosten gemeinsam.
  • Die Nutzung und Kostenbeteiligung durch später hinzutretende Wohnungseigentümer regelt § 21 Abs. 4 WEG.

Auch das neue Recht verzichtet auf keinen Beschluss. Auch eine bauliche Veränderung, auf die ein Wohnungseigentümer einen Anspruch hat, ist danach unzulässig. Soweit die übrigen Wohnungseigentümer durch eine bauliche Veränderung nicht über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, besteht nach § 20 Abs. 3 WEG allerdings ein Anspruch auf Zustimmung zur baulichen Maßnahme. Dieser Anspruch kann einem Anspruch auf Beseitigung entgegengehalten werden. Dies ist auch bei einem Anspruch aus § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG vorstellbar, nämlich dann, wenn ganz ausnahmsweise eine konkrete Ausführung verlangt werden kann und das Direktionsrecht nicht verletzt ist.

5 Entscheidung

LG Düsseldorf, Urteil v. 4.8.2020, 25 S 134/19

Quelle: Haufe Verwalterpraxis