Hiobsbotschaft: Der Trend geht zur höheren Grundsteuer

In jeder achten deutschen Kommune ist im vergangenen Jahr die Grundsteuer gestiegen, wie eine Studie von Ernst & Young (EY) zeigt. Der durchschnittliche Hebesatz sei zuletzt 2016 so stark erhöht worden – eine Hiobsbotschaft für Immobilieneigentümer, meinen die Experten.

Die angespannte Finanzsituation in vielen Kommunen in Deutschland hat im vergangenen Jahr zu mehr Anhebungen bei der Grundsteuer B – die wird auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben und von den Immobilieneigentümern bezahlt oder auf die Mieter umgelegt – geführt: Bundesweit erhöhten 12,5 Prozent der Städte und Gemeinden den Hebesatz. Das geht aus Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hervor.

Der durchschnittliche Hebesatz – neben dem Grundstückswert einer der Faktoren zur Berechnung der Grundsteuer B – ist demnach so stark gestiegen (plus 13 Prozent) wie zuletzt im Jahr 2016. Senkungen gab es laut EY-Analyse verglichen mit 2021 nur in einem Prozent der Kommunen.

Grundsteuer-Erhöhung: NRW führt Bundesländer an

Die Städte und Gemeinden setzen den Hebesatz selbstständig fest und bestimmen damit die Höhe der Grundsteuer. Der Anteil der Kommunen, die im Jahr 2022 den Hebesatz erhöht haben, war laut Studie mit 26 Prozent in Nordrhein-Westfalen (NRW) am höchsten. Es folgten das Saarland (19 Prozent) und Rheinland-Pfalz (17 Prozent), noch vor Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern mit jeweils 16 Prozent.

Deutlich geringer ist den Analysten zufolge der Anteil der Städte und Gemeinden mit Erhöhungen dagegen in Thüringen (vier Prozent), Sachsen (fünf Prozent) und Sachsen-Anhalt (sechs Prozent). In der Studie wurden ausschließlich die Flächenländer betrachtet.

Hebesätze von 350 und mehr dominieren

Im bundesweiten Schnitt lag der Grundsteuer-Hebesatz im vergangenen Jahr bei 391 Prozent, heißt es in der Analyse – das sind fünf Prozentpunkte mehr als 2021. So stark war der Wert zuletzt 2016. Im Jahr 2005 lag der Durchschnitt noch bei einem Wert von 317. Das Bundesland mit den höchsten Durchschnittssätzen ist ebenfalls Nordrhein-Westfalen (565).

Mittlerweile haben laut EY-Analyse 79 Prozent aller Kommunen einen Hebesatz von 350 und mehr. Knapp vier von zehn Gemeinden (39 Prozent) hatten sogar Sätze von 400 oder höher. 2005 waren das fünf Prozent – 22 Prozent der Kommunen hatten damals noch einen Hebesatz von unter 300. 2022 waren es nur noch drei Prozent in diesem Bereich.

Besonders deutlich wird der Anstieg der Hebesätze im Fünf-Jahres-Vergleich: Hier verzeichneten bundesweit knapp vier von zehn Kommunen (38 Prozent) einen gestiegenen Hebesatz. Umgekehrt sank er in diesem Zeitraum gerade einmal bei zwei Prozent der Gemeinden.

Klamme Kassen: Grundsteuer als Einnahmequelle

„Wir sehen einen bundesweiten Trend zu immer höheren Grundsteuer-Hebesätzen“, sagte der EY-Branchenexperte Heinrich Fleischer. Ein Grund sei die Finanznot in vielen deutschen Kommunen, die Kostensteigerungen auf diese Weise weitergeben. Anders als bei den Gewerbesteuer-Hebesätzen, mit denen zahlreiche Kommunen um die Neuansiedlung von Unternehmen werben würden, sei bei der Grundsteuer kein Standortwettbewerb zu beobachten, so Fleischer.

Die aktuelle Entwicklung sei eine Hiobsbotschaft und berge ein hohes Maß an Ungewissheit angesichts der aktuellen Grundsteuerreform: Im Zuge der Neubewertung ab Januar 2025 und den erwartbar steigenden Grundsteuerwerten drohten Immobilieneigentümern und Mietern höhere Kosten – sollten nicht gleichzeitig die Hebesätze sinken.

Grundsteuerreform: Folgen erst 2025 sichtbar

Haus- und Wohnungseigentümer hatten – je nach Bundesland – bis Anfang Mai 2023 Zeit, Angaben zu den Immobilien an das Finanzamt zu übermitteln. Inzwischen sind zahlreiche Wertbescheide angekommen. Fleischer rät, die Bescheide gründlich zu kontrollieren und gegebenenfalls Einspruch einzulegen. Ansonsten drohe spätestens 2025 ein böses Erwachen: Ein Einspruch gegen etwaig falsche Werte, beispielsweise bei der Grundstücksgröße, der Wohnungsgröße oder dem Baujahr der Immobilie, muss umgehend erfolgen. „Passiert dies nicht innerhalb von einem Monat, haben Eigentümer keine Möglichkeit mehr, Widerspruch gegen den neuen Grundsteuerbescheid einzulegen“, warnte Fleischer.

Für die Berechnung der Grundsteuer wurde der Wert der Häuser und Wohnungen Stand 2022 festgesetzt. Auch hier sieht der EY-Experte ein Problem: „In den vergangenen Monaten gab es in zahlreichen Regionen Deutschlands Preisrutsche bei den Immobilienpreisen, viele Wohnungen und Häuser sind einfach weniger wert – dadurch kann die neue Grundsteuer die Besitzer noch härter treffen.“ Der Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts der Immobilie sei nach den neuen Regeln zur Berechnung der Grundsteuer nicht vorgesehen, was nach Auffassung von Fleischer ein Grund für die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuerreform ist.

Methodik

EY hat für die Studie Daten des Statistischen Bundesamtes („Hebesätze der Realsteuern“) zur Entwicklung der Grundsteuer-B-Hebesätze in allen deutschen Kommunen zwischen 2005 und 2022 ausgewertet. Es handelt sich in dieser Analyse um den Durchschnittswert aller Gemeinden unabhängig von der Einwohnerzahl. Ausgenommen waren die Stadtstaaten. Stichtag war jeweils der 31. Dezember.

EY-Studie „Grundsteuer-Analyse 2023“ (PDF)

Quelle: www.haufe.de

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