Herbststürme: Wer haftet wann für Schäden?

Erst war es „Ignatz“, dann „Hendrik“: Die ersten Herbstürme fegen über das Land und Meteorologen warnen teils vor schweren Orkanböen, in einigen Regionen sogar vor Tornados. Von Schäden sind auch Gebäude betroffen. In der Regel haften die Eigentümer. Doch auch Verwalter können Pflichten haben.

Die ersten heftigen Sturmtiefs haben Deutschland erreicht. Windböen in unter anderem Niedersachsen, ein Tornado in Schleswig-Holstein haben bereits massive Schäden angerichtet, auch Häuser wurden beschädigt. Was passiert, wenn zum Beispiel lose Dachziegel bei starkem Wind auf andere Gebäude oder Autos fallen, wenn Bäume oder Äste dem Sturm nicht standhalten und Personenschäden verursachen?

In der Regel obliegt dem Eigentümer die Verkehrssicherungspflicht – kurz gefasst: die Verantwortung für den ordnungsgemäßen und gefahrlosen Zustand des Gebäudes – und auch die Kontrollpflicht. Vermieter können die Pflichten durch Vereinbarungen im Mietvertrag oder in der Hausordnung auf Mieter übertragen, dann muss kontrolliert werden, ob die Verkehrssicherungspflicht eingehalten wird.

Was muss der Eigentümer tun vor und nach einem Sturm?

„Sicherungs- und Schadenminderungsmaßnahmen sollten sofort ergriffen werden“, sagt Michael Commans, Experte für Versicherungsschutz in der Immobilienwirtschaft und Geschäftsführer bei der Best Gruppe, mit der der Bundesverband der Immobilienverwalter (BVI) zusammenarbeitet.

So müssen nicht nur Dachziegel und Regenrinnen regelmäßig kontrolliert werden, vor und nach dem Sturm, auch Schornsteine, Solaranlagen oder Satellitenschüsseln beispielswiese, genauso wie Zäune und Bäume auf einem Grundstück. Ein Baum muss stabil und standsicher sein. Zu sichtbaren Hinweisen auf mögliche Gefahrenquellen rät der Verband Wohneigentum: Das könne im Schadensfall relevant werden, so ein Hinweisschild könne etwaige Haftungsansprüche reduzieren.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann einen Verwalter bestellen – der fungiert gemäß § 9b Wohnungseigentumsgesetz (WEG) als ausführendes Organ, das die Pflichten der Gemeinschaft erfüllt. Seit der am 1.12.2020 in Kraft getretenen WEG-Reform obliegt die originäre Verkehrssicherungspflicht der Gemeinschaft, die haftet für Pflichtverletzungen der Verwaltung.

Eigentümergemeinschaft: Pflichten des WEG-Verwalters

Bei manch einem eingetretenen Schaden ist Eile geboten: Etwa, wenn ein Sturm das Dach beschädigt hat und es schon ins Haus hineinregnet. „In einem solchen Notfall kann und muss der Verwalter nach § 27 Abs 1. Nr. 2 WEG ohne eine vorherige Einberufung einer Eigentümerversammlung handeln und dafür sorgen, dass die Gefahrenlage beseitigt wird und sich der Schaden somit nicht vergrößert“, erklärt Martin Kaßler, Geschäftsführer des Verbandes der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV).

Für Maßnahmen, die der dauernden Behebung der Schadensursache dienen, kommt es laut Kaßler darauf an, ob diese noch von § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG  umfasst sind – beziehungsweise ob die Gemeinschaft dem Verwalter über § 27 Abs. 2 WEG die notwendige Entscheidungskompetenz eingeräumt hat.

Im Wohnungseigentumsgesetz ist zudem geregelt, dass die Verwaltung dazu verpflichtet ist, für eine angemessene Versicherung der Eigentümer gegen Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht-Ansprüche zu sorgen. Der Verwalter kann im Innenverhältnis zur Eigentümergemeinschaft haften, wenn er seiner Aufgabenerfüllung als Organ der WEG schlecht oder gar nicht nachkommt.

Was müssen Verwalter der Versicherung mitteilen?

Immobilienverwalter sollten unbedingt darauf achten, nichts ohne aussagefähige Dokumentation und Beweissicherung zu unternehmen, so  Versicherungsexperte Commans. „Also Fotos vom Gesamt- und Detailschaden machen und diese samt Rechnung für die erfolgte Notreparatur vorlegen.“

Für die Schadensbegleichung durch die Versicherung könnten außerdem auch Zeugenaussagen dokumentiert werden, ergänzt VDIV-Chef Kaßler. Bei der Meldung sollten Schadensumfang und -zeitpunkt möglichst exakt beschrieben und alle beschädigten Gegenstände aufgelistet werden. Commans zufolge sollten die zerstörten und beschädigten Sachen bis zur abschließenden Schadenbearbeitung oder Entsorgungsfreigabe des Versicherers falls möglich aufbewahrt werden.

Der VDIV weist zudem darauf hin, dass ein ersatzpflichtiger Sturmschaden nur bei mindestens „Windstärke 8“ entsteht – das entspricht einer Windgeschwindigkeit von 62 Kilometern pro Stunde. Nachweisbar ist die Windstärke am einfachsten durch Wetterdaten. Hilfsweise kann der Versicherungsnehmer in der Umgebung entsprechende Schäden an baulich einwandfreien Gebäuden und widerstandsfähigen Sachen zum Vergleich heranziehen, um zu beweisen, dass der Schaden am eigenen Gebäude ebenfalls nur durch den Sturm entstanden sein konnte.

Grundsätzlich ist der entstandene Schaden schnellstmöglich dem Versicherungsmakler respektive dem Versicherer zu melden. Für die tatsächliche Reparatur der Schäden müssten Verwalter Kostenvoranschläge einholen und der Versicherung nachreichen.

Was sollten Immobilienverwalter präventiv tun?

Zu den dem Verwalter übertragenen Aufgaben im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht gehört es, Mängel am Gebäude festzustellen, die Wohnungseigentümer über diese zu unterrichten und ihre Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeizuführen. Das passiert durch regelmäßige Begehungen der Wohnanlage, um sicherzustellen, dass sie sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet.

Der Verwalter kann Hilfskräfte hinzunehmen oder Wartungsfirmen beauftragen. Zur Kontrolle gehört auch, dass der Verwalter Hinweisen von Eigentümern oder anderen Dritten zeitnah nachgehen muss. In Bezug auf Sturmschäden wird häufig das Dach zur Gefahrenquelle. Dieses Risiko kann er durch eine jährliche Wartung etwa in Kombination mit einer Dachrinnenreinigung im Herbst verringern.

Im Gemeinschaftseigentum befindliche Gehölzen wie Bäume sollten laut VDIV am besten regelmäßig vom Fachmann inspiziert und von Totholz befreit befreit werden. Commans rät außerdem dazu, im Hinblick auf weitere Stürme den vorhandenen Versicherungsumfang genau zu prüfen – und gegebenenfalls nachzujustieren.

Welche Versicherung zahlt bei Sturmschäden?

Je nach Schaden kommen unterschiedliche Versicherungen in Frage. Die Gebäudeversicherung zahlt Schäden am Haus. Dazu zählen auch das gemeinschaftliche Eigentum oder im Sondereigentum stehende Gebäudeteile. Der Klassiker bei Stürmen sind abgedeckte oder beschädigte Dächer.

Die Gebäudeversicherung kommt aber grundsätzlich auch für Folgeschäden wie durchfeuchtete Wände oder Fußböden auf. In der Regel werden Gebäude heutzutage neben der Feuergefahr auch gegen die Gefahren Sturm, Hagel und Leitungswasser versichert. Dabei empfiehlt es sich, den Versicherungsschutz auch auf Nebengebäude und Gebäudebestandteile – wie Zäune – zu erweitern und die Beseitigung durch vom Sturm umgestürzte Bäume zu prüfen. Gerade Letzteres kann kostspielig werden.

Je nach baulicher Situation sollte die Gebäudeversicherung zudem durch weitere Bausteine ergänzt werden: Bei einem besonders hohen Glasanteil der Architektur ist eine Glasversicherung eine Überlegung wert. Eine Photovoltaikanlage erfordert in vielen Fällen ebenfalls eine eigene Versicherung.

Ergänzende Hinweise des VDIV:

  • Verursacht ein Sturm eine Überschwemmung im Keller, dann zahlt die Gebäudeversicherung in der Regel nur, wenn extra eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen wurde.
  • Die Hausratversicherung des einzelnen selbstnutzenden Wohnungseigentümers oder Mieters deckt Schäden an dessen beweglichem Hab und Gut ab, also etwa den zerfetzten Sonnenschirm auf dem Balkon. Hiermit hat der WEG-Verwalter nichts zu tun.
  • Die (Teil-)Kaskoversicherung ist der richtige Ansprechpartner, wenn es um Schäden an Fahrzeugen auf dem Stellplatz der Wohnanlage geht. Auch das ist nicht Aufgabe des WEG-Verwalters.

Quelle: haufe

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