BGH könnte Nebenkostenprivileg früher als gedacht kippen

Darf ein Vermieter dauerhaft Kabel-TV-Gebühren auf die Mieter umlegen, ohne ihnen ein Kündigungsrecht einzuräumen? Spätestens Mitte 2024 wäre mit diesem Nebenkostenprivileg sowieso Schluss. Der Bundesgerichtshof (BGH) könnte die Rechtslage aber schon am 20. Oktober mit einem Grundsatzurteil ändern.

Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigt sich seit dem 8. Juli mit der Grundsatzfrage, ob Vermieter Mietern ein Kündigungsrecht nach § 43b Telekommunikationsgesetz (TKG) für einen nicht benutzten Kabel-TV-Anschluss einräumen müssen. Geklagt hat die Wettbewerbszentrale gegen die Wohnungsbaugesellschaft Vivawest aus Gelsenkirchen, die nach eigenen Angaben mehr als 120.000 Wohnungen vermietet. Das Urteil (Az. I ZR 106/20) in dem Musterverfahren soll am 20. Oktober verkündet werden, wie der zuständige Senat mitteilte.

Nebenkostenprivileg im Musterverfahren: Streit um § 43b TKG

Für Kabel-TV-Anschlüsse müssen Mieter nach aktueller Rechtslage über die Nebenkostenabrechnung Gebühren zahlen, auch wenn sie die Anschlüsse nicht nutzen. Ein Kündigungsrecht für die Laufzeit des Mietvertrages steht den Mietern derzeit nicht zu. Das halten die Wettbewerbsschützer für nicht rechtens.

Von Mitte 2024 an dürfen Vermieter im Zuge der Reform des TKG sowieso keine Kabelgebühren mehr auf die Mieter umlegen. Das Ende des sogenannten Nebenkostenprivilegs ist bereits besiegelt. Das Gesetz tritt zum 1.12.2021 in Kraft, bis zum 30.6.2024 gibt es dann noch eine Übergangsfrist. Danach bekommen alle Mieter die Wahlfreiheit.

Trotzdem streiten die Wettbewerbsschützer vor dem BGH: Sie meinen, dass diese Praxis auch heute schon gegen geltendes Recht verstößt und berufen sich auf § 43b TKG, wonach ein Vertrag „zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten“ höchstens eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten haben darf. Außerdem müsse es möglich sein, einen Vertrag für höchstens zwölf Monate abzuschließen.

Die Richterinnen und Richter äußerten allerdings gewisse Zweifel, ob sich diese Vorschrift auf einen Immobilienkonzern mit Mietwohnungen anwenden lässt. In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg gehabt. So oder so wird das Urteil nur noch vorübergehend von Bedeutung sein.

Auswirkungen des BGH-Kabel-TV-Urteils auf die Wohnungswirtschaft

Sollten die Karlsruher Richter die Regelung kippen, ginge das zu Gunsten der Mieter. Dann müssten die Vermieter einer Kündigung des Kabel-TV-Anschlusses schon 2021 zustimmen. Laut § 43b TKG wären entsprechende Verträge auf 24 Monate begrenzt – und unabhängig von der Laufzeit des Mietvertrags kündbar.

Für Vivawest ist die baldige Abschaffung des Nebenkostenprivilegs per Gesetz wiederum ein Beleg dafür, dass so lange das Gegenteil gelten muss. „Damit liegt aus unserer Sicht eine klare gesetzgeberische Wertung vor, dass bis dahin die Umlagefähigkeit weiterhin aufrechterhalten werden kann“, sagte der Anwalt des Unternehmens nach der Verhandlung.

In den Vorinstanzen war die Wettbewerbszentrale mit ihrem Vorstoß unterlegen. Das Landgericht (LG) Essen hatte die Klage abgewiesen. Die Begründung: Die beklagte Vivawest, die ihren Mietern den Kabel-TV-Anschluss zur Verfügung stellt, erbringe selbst keine Telekommunikationsdienstleistungen, sondern habe sie auf eine Tochtergesellschaft ausgelagert (Urteil v. 31.5.2019, Az. 45 O 72/18). Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm sah zwar die Verantwortung für die Signalübertragung bei der Vivawest, aber keinen Anspruch im Sinne des § 43b TKG (Urteil v. 28.5.2020, Az. I-4 U 82/19).

Quelle: www.haufe.de

Die Mietspiegelpflicht für kleinere Städte kommt

Der Bundestag hat heute das Gesetz zur Reform des Mietspiegelrechts verabschiedet. Damit sollen Mietspiegel rechtssicherer werden. Zudem sind Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern künftig verpflichtet, einen Mietspiegel zu erstellen.

Die Parlamentarier im Bundestag haben in der Nacht zu Freitag das Gesetz zur Änderung des Mietspiegelrechts verabschiedet, nachdem im Gesetzgebungsprozess mehrere Details immer wieder verändert wurden. Ein Ziel der Reform ist es, die Qualität von Mietspiegeln zu erhöhen und sie damit rechtssicherer zu machen. Ein Dreh- und Angelpunkt dafür ist die Auskunftspflicht. Demnach müssen Mieter und Vermieter künftig Auskunft über ihre Wohnung geben, unter anderem zur Miethöhe und zu Wohnwertmerkmalen. Bislang konnte die Antwort verweigert werden, wodurch die Gefahr bestand, dass das Ergebnis verzerrt wurde. Für eine höhere Qualität von Mietspiegeln wurde überdies Datenschutzrechtliches geklärt. Behörden wie Meldeämter können nun relevante Daten zur Verfügung stellen und verarbeiten. Zudem gibt es bislang in vielen Städten keinen Mietspiegel – das soll sich nun auch ändern, und zwar indem Kommunen mit mehr als 50.000 Einwohnern verpflichtet werden, einen Mietspiegel zu erstellen.

Es bleibt bei zwei Jahren

Der Bindungszeitraum für Mietspiegel beträgt weiterhin zwei Jahre; danach müssen die zulässigen Werte für die ortsübliche Vergleichsmiete entsprechend dem Verbraucherindex fortgeschrieben werden. Eine komplett neue Erhebung steht nach vier Jahren an. Ursprünglich war im Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) vorgesehen, den Bindungszeitraum auf drei Jahre zu verlängern und die Erhebung um ein Jahr auf fünf Jahre zu schieben.

Der Immobilienverband IVD bezeichnet die Reform als „echte Chance auf eine Verbesserung und Steigerung der Akzeptanz“ von Mietspiegeln. „Das Gesetz nimmt ein zentrales Problem in Angriff, nämlich das der dünnen Datenbasis, auf der Mietspiegel hochgerechnet werden“, sagt IVD-Präsident Jürgen Michael Schick. Für richtig hält er, dass der Bindungszeitraum nicht erhöht wurde. Andernfalls würden Mietspiegel „weiter von der Marktentwicklung abgekoppelt“. Letztlich seien Mietspiegel dazu bestimmt, „den Markt abzubilden, ihn aber nicht zu machen.“

Quelle: Immobilien-Zeitung.de

CO2-Preis: Geplanter 50%-Vermieteranteil wackelt wieder

Seit Januar 2021 gilt der neue CO2-Preis für Gebäude und macht das Heizen mit Öl und Gas teurer. Die Mehrkosten sollen Mieter und Vermieter je zur Hälfte zahlen. Das hat die Bundesregierung im Zuge der Klimaschutzgesetz-Novelle beschlossen. Jetzt stellt sich der Bundesrat quer.

Vermieter sollen künftig die Hälfte der Kosten für den seit dem 1.1.2021 geltenden CO2-Preis auf Öl und Gas tragen. Das geht aus einem Beschluss hervor, den die Bundesregierung begleitend zur Novelle des Klimaschutzgesetzes gefasst hat. Wochenlang hatte man sich innerhalb der Großen Koalition um diesen Punkt gestritten, bevor das Kabinett am 12. Mai diese Einigung erziele.

Die SPD-geführten Ministerien für Umwelt, Finanzen und Justiz hatten dafür gekämpft, dass die durch den CO2-Preis entstehenden Zusatzkosten nicht mehr – wie nach aktueller Rechtslage üblich – uneingeschränkt vom Vermieter auf die Mieter umgelegt werden dürfen. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) betonte: „Alles andere wäre umweltpolitisch dumm gewesen und sozialpolitisch eine Zumutung.“ Der CO2-Preis könne nur eine Lenkungswirkung haben, wenn er den Vermieter zu einer Reaktion bewege.

Geplante CO2-Preis-Kostenverteilung: Skepsis im Bundesrat

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am 19. Mai angesichts scharfer Kritik aus der Immobilienbranche und der Wirtschaft an der geplanten Fifty-Fifty-Kostenverteilung Verhandlungsbereitschaft signalisiert, will die Deutsche Presse-Agentur (dpa) von Teilnehmern von Online-Beratungen der Unionsfraktion erfahren haben. Gebraucht werde eine intelligente und vernünftige Lösung, auch für die Vermieter. Innerhalb der Union wird argumentiert: Vermieter seien nicht für den Strom- und Wärmeverbrauch von Mietern verantwortlich.

Die geplante hälftige Teilung der CO2-Preis-Kosten zwischen Mietern und Vermietern ist auch im Bundesrat auf Skepsis gestoßen. Der zuständige Wohnungsbau-Ausschuss der Länderkammer forderte am 18. Mai, „dass die Auswirkungen auf die Anreizwirkung für Investitionen kritisch geprüft werden“, wie es in einer Stellungnahme heißt, die Brandenburg und Nordrhein-Westfalen eingebracht hatten. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, Brandenburgs Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU), wurde sie von der großen Mehrheit der Länder angenommen.

In der Stellungnahme heißt es auch, dass durch die verschärften Klimaschutzziele sehr erhebliche zusätzliche Investitionen in den Gebäudebestand notwendig seien. „Die pauschale Beteiligung der Vermieter an der CO2-Abgabe würde bei Vermietern mehr Ärger auslösen als echte Anreize für mehr CO2-Einsparung bieten“, erklärte Beermann. Der CDU-Politiker bezweifelte, dass dies dazu beitragen werde, die Klimaschutzziele im Gebäudesektor zu erreichen. Beermann sprach sich dafür aus, Vermieter durch Förderung dazu zu bringen, mehr für das Energiesparen zu machen. Das werde auch die Modernisierungsmieterhöhung für Mieter begrenzen und Nebenkosten reduzieren.

„Kostenbeteiligung je nach Energieeffizienz der Gebäude“ nun doch nicht vom Tisch?

Eine pauschale Kostenaufteilung beim CO2-Preis sei Anreizkiller und Investitionshemmnis erster Güte, sagte kürzlich auch Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Die finanzielle Belastung mit 50 Prozent der in den Gebäuden verursachten CO2-Emissionen entziehe den nachhaltig agierenden Wohnungsunternehmen unmittelbar die finanziellen Mittel, die sie für Klimaschutzmaßnahmen benötigten.

„Die einzig gerechte und wirksame Lösung beim CO2-Preis ist, dass sich die Höhe der umlagefähigen Kosten nach dem Energieverbrauch des Gebäudes richtet“, hatte Gedaschko schon vor dem Beschluss der Bundesregierung gefordert. „In unsanierten Wohngebäuden muss daher der Vermieter einen Teil der CO2-Kosten tragen, in sanierten Gebäuden müssen die Mieter diese Kosten übernehmen – denn dort ist ihr individuelles Heizverhalten entscheidend.“

Im Januar 2021 war innerhalb der Großen Koalition scheinbar über ein solches differenziertes Modell sogar beraten worden, bei dem sich die Aufteilung der Kosten an der Energieeffizienz von Gebäuden orientieren sollte, wie damals dpa Regierungskreise zitierte. Damals hieß es, dass bei „schlecht renovierten“ Gebäuden Vermieter mehr als 50 Prozent der Mehrkosten aus der CO2-Bepreisung übernehmen sollten, bei „gut sanierten“ Gebäuden weniger als die Hälfte. Damit sollten Vermieter belohnt werden, wenn sie zuvor in Energieeffizienz investiert haben.

Eigentümer haben verfassungsrechtliche Bedenken gegen CO2-Preis-Kostenverteilung

Eigentümer und Investoren dürften nicht für den individuellen Strom- und Wärmeverbrauch von Mietern in die Pflicht genommen werden, heißt es vom BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen. „Maßgeblich sind Lösungen, die das Nutzerverhalten und tatsächliche Verbrauchsdaten mit einkalkulieren. Statt Kosten für Vermieter zu erhöhen, muss die Politik durch das Förderrecht gezielte Investitionsanreize schaffen“, so BFW-Präsident Andreas Ibel. „Gutachten belegen, dass die finanziellen Spielräume im Wohnungsbau schon jetzt komplett ausgeschöpft sind. Weitere Auflagen – wie die CO2-Bepreisung – sorgen letztlich nur dafür, dass irgendwann niemand mehr bauen kann“, ergänzte Sönke Struck, Vorstandschef des BFW Landesverbands Nord. 

Der Präsident des Eigentümerverbands Haus und Grund, Kai Warnecke, befürchtet, dass das Geld, das Vermieter für den CO2-Preis ausgeben müssten, künftig für energetische Sanierungen fehlen wird oder Vermieter nun die Mieten erhöhen müssten, um die zusätzliche finanzielle Belastung kompensieren zu können. Er kündigte an, die neue Regelung verfassungsrechtlich prüfen zu lassen.

Auch die Deutsche Energie-Agentur (Dena) setzt sich „für eine klima- und sozialpolitisch verträgliche Kostenverteilung“ zwischen Mietern und Vermietern ein. In einem Positionspapier macht die Dena einen konkreten Vorschlag zu einer begrenzten Umlagefähigkeit des CO2-Preises: Kern ist eine an der Effizienzklasse des Energieausweises orientierte anteilige Kostenbeteiligung.

Dena-Positionspapier „Begrenzte Umlage der BEHG-Kosten – Investitionsanreize stärken“

Schulze: „Wir wollen, dass alte Ölheizungen ausgetauscht werden“

Die neue CO2-Abgabe wird nach Angaben des Bundesumweltministeriums das Heizöl in diesem Jahr zusätzlich zum Einkaufspreis um rund acht Cent pro Liter teurer machen – der Preis für Erdgas steigt demnach um 0,6 Cent pro Kilowattstunde.

Der Handel mit den CO2-Verschmutzungsrechten (Emis­si­ons­han­del) startete im Januar 2021 mit einem fixen CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne und soll wirken wie eine Steuer. Bis 2025 werden die Zertifikate dann schrittweise mit einem auf 55 Euro ansteigenden Festpreis ausgegeben. Ab 2026 wird der Zertifikate-Preis durch Versteigerungen ermittelt – wobei ein Preiskorridor von 55 Euro bis 65 Euro pro Tonne CO2 vorgegeben ist.

Laut Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) soll der CO2-Preis ein „Investitionsanreiz“ sein, damit die Bürger freiwillig auf klimafreundliche Alternativen umsteigen und deshalb den CO2-Preis gar nicht erst zahlen müssen. „Wir wollen, dass alte Ölheizungen ausgetauscht werden, dass man auf erneuerbare Energien setzt. Der CO2-Preis wird helfen, diese Entwicklung zu beschleunigen.“

Der CO2-Preis – Teil des Klimaschutzprogramms

EU-weit gibt es schon einen Emissionshandel. Energiewirtschaft und Teile der Industrie müssen pro Tonne Treibhausgas, die sie verantworten, ein Zertifikat nachweisen – teilweise werden die Zertifikate verteilt, teils bildet sich der Preis durch Angebot und Nachfrage.

Damit ein solches System in Deutschland zum 1.1.2021 umgesetzt werden konnte, musste das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) geändert werden – dem hatten Bundestag und Bundesrat bereits im Oktober 2020 zugestimmt. Neben dem CO2-Preis greift auch das neue Klimaschutzgesetz, das Treibhausgas-Budgets vorschreibt. Einnahmen aus der neuen CO2-Bepreisung will der Bund über Förderprogramme und Entlastungen an die Haushalte zurückgeben.

Quelle: HAUFE