Im ersten Quartal 2022 wurde weniger neuer Wohnraum genehmigt als vor einem Jahr. Laut Statistischem Bundesamt sank die Zahl der bewilligten Einfamilienhäuser um knapp ein Drittel. Nur für Mehrfamilienhäuser gab es mehr Zusagen – für die Immobilienbranche ist das kein Zeichen der Entwarnung.
Die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland ist in den ersten drei Monaten 2022 gegenüber dem ersten Quartal des Vorjahres um 3,6 Prozent gesunken. Allein im März wurde ein Minus von 8,9 Prozent verzeichnet, wie das Statistische Bundesamt am 18. Mai mitteilte. Insgesamt haben die Behörden den Neu- und Umbau von 92.507 Wohnungen genehmigt. Vor allem bei Einfamilienhäusern gab es allerdings einen deutlichen Rückgang.
Neubau: Weniger Einfamilienhäuser genehmigt
Die Zahl der Baugenehmigungen gilt mit Blick auf den Wohnungsmangel in vielen (Groß-)Städten als wichtiger Indikator. Doch häufig werden genehmigte Wohnungen zunächst nicht gebaut, auch weil Handwerker und Baufirmen wegen der großen Nachfrage keine Kapazitäten haben.
In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden von Januar bis März 2022 nach Angaben der Bundesbehörde insgesamt 80.603 Wohnungen genehmigt. Das sind 3,5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Am deutlichsten ging die Zahl bewilligter Einfamilienhäuser zurück: um 26,2 Prozent auf 20.778. Bei den Zweifamilienhäusern liegt das Minus bei 3,3 Prozent – genehmigt wurden auf 8.426 Wohnungen.
Mehrfamilienhäuser: Immobilienbranche will Nachverdichten
In Mehrfamilienhäusern wiederum bewilligten die Behörden im ersten Quartal 2021 deutlich mehr Wohnungen als noch vor einem Jahr: Um 12,5 Prozent stieg die Zahl, was 49.688 Einheiten entspricht. Das sieht auf den ersten Blick erfreulich aus, allerdings geht Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbands Deutschland IVD I Die Immobilienunternehmer, davon aus, dass die nun veröffentlichten Zahlen lediglich „eine Momentaufnahme“ sind.
„Der Krieg in der Ukraine, stark steigende Baukosten, Lieferkettenprobleme, Arbeitskräftemangel und fehlende Förderkulissen werden sich in den nächsten Wochen noch stärker auf den Wohnungsbau auswirken. Es ist zu erwarten, dass die Baugenehmigungszahlen sinken werden“, kommentierte Schick den Bericht der Statistiker.
Er forderte pragmatische und unkomplizierte Maßnahmen der Bundesregierung, um einfacher und schneller bauen zu können. Verdichtung und Umnutzung wäre laut Schick eine Lösung. Der Gesetzgeber könnte dem IVD-Chef zufolge den Städten und Gemeinden einräumen, Bebauungspläne bezüglich Grund- und Geschossflächenzahl selbst zu ändern. „Das kostet kein Steuergeld und gibt den Kommunen die Flexibilität, dort Wohnraum zu schaffen, wo er dringend benötigt wird“, so Schick.
Bauindustrie: Wohnbauziel der Bundesregierung utopisch
Die Bauindustrie geht sowieso nicht davon aus, dass die Bundesregierung das Neubauziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen in diesem und auch im kommenden Jahr erreichen kann. Mit maximal 320.000 Wohnungen rechnet der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB), Tim-Oliver Müller. Das liege insbesondere am Produktionshochlauf der Branche. Im kommenden Jahr dürften sich dann Materialengpässe sowie Bau- und Energiepreissteigerungen bemerkbar machen.
Den Bauunternehmen machen die hohen Preise laut HDB schon zu schaffen. Zwar würden die Kosten bei neuen Verträgen eingepreist. „Das Problem sind die aber alten, langlaufenden Bauverträge“, sagte Verbandspräsident Peter Hübner. Hier seien die Unternehmen an veraltete Preise gebunden, die über sogenannte Preisgleitklauseln bislang nur in Ansätzen abgefedert werden könnten. Die Umsatzprognose für das laufende Jahr hat der Verband nach unten korrigiert und rechnet mit einem realen Umsatzwachstum von null bis zwei Prozent, statt wie bislang mit 1,5 Prozent.