Ein Gastbeitrag von Michael Bormann
Beim Thema Steuern gab es im Bundestagswahlkampf große Unterschiede. Jetzt kristallisiert sich heraus, was von der absehbaren Ampel-Koalition zu erwarten ist. Unter anderem scheint eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes und auch eine Vermögenssteuer vom Tisch zu sein.
Im Wahlkampf haben sich Grüne und Sozialdemokraten eine Vermögenssteuer auf die Fahne geschrieben; sie wollten damit zumindest teilweise die Kosten der Corona-Pandemie finanzieren. Auch die Linke propagierte eine Vermögenssteuer. Allerdings ist eine solche Abgabe seit jeher ausgesprochen umstritten. Denn die Feststellung der Vermögen ist extrem aufwendig und kostspielig. Bei Bankkonten und Wertpapierdepots geht das natürlich, aber bei Autos, Kunst oder Schmuck ist es ausgesprochen komplex. Außerdem wäre zu befürchten, dass Vermögende ihren privaten Wohnsitz oder ihre Betriebe ins Ausland verlegen könnten. Der deutsche Fiskus ginge dann vollkommen leer aus. Vor diesem Hintergrund scheint es begrüßenswert zu sein, dass die FDP eine Vermögenssteuer offenbar verhindert.
Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes scheint ebenfalls dank der Freidemokraten vom Tisch. Davon profitieren natürlich Steuerzahler mit einem hohen Jahreseinkommen. SPD und Grüne wollten Gutverdiener stärker belasten, können sich damit aber wohl kaum durchsetzen. Eine Absage an eine Erhöhung der Einkommenssteuer bedeutet jedoch nicht, dass hier alles beim Alten bleibt. Denn die Wahlprogramme der drei Parteien enthielten jeweils Pläne für eine moderate Steuerentlastung. Von einer möglichen Erhöhung des Grundfreibetrags, bis zu dessen Höhe keine Einkommensteuer anfällt, und einer Glättung der Steuerprogression könnten vor allem kleinere und mittlere Einkommen profitieren. Allerdings äußerten sich SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und Grünen-Chef Robert Habeck skeptisch über die Finanzierbarkeit entsprechender Pläne.
Sparerpauschbetrag könnte steigen
Außerdem ist eine Erhöhung des Sparerpauschbetrags im Gespräch. Dieser liegt bislang bei 801 Euro und soll auf 1000 Euro steigen. Bis zu diesem Betrag wären alle Erträge aus Kapitalvermögen steuerfrei, beispielsweise Zinsen, Dividenden oder realisierte Kursgewinne aus Wertpapiergeschäften. Das würde allen Steuerzahlern zugutekommen, die zumindest über ein kleineres Vermögen verfügen.
Natürlich muss auch die FDP Zugeständnisse machen. So zeichnet es sich ab, dass die überfällige Abschaffung des Solidaritätszuschlags erst einmal auf sich warten lässt. Zu Erinnerung: Rund 10 Prozent der Steuerpflichtigen zahlen auf ihre Einkommen- und Körperschaftssteuer noch einen Aufschlag von 5,5 Prozent. Das belastet vor allem Selbstständige und kleine Unternehmen.
Eine Chance gibt es jedoch noch: SPD und Grüne könnten sich zu einer Abschaffung des Solidaritätszuschlags bereit erklären, wenn dafür im Gegenzug der Spitzensteuersatz (derzeit 42 Prozent) und der Reichensteuersatz (aktuell 45 Prozent) heraufgesetzt würden – beispielsweise um jeweils 2,5 Prozent. Für Gutverdienende würde das dann unterm Strich keine Mehrbelastung bedeuten. Und die FDP würde ihr Wahlversprechen „keine Steuererhöhungen“ einhalten.
Außerdem will der FDP-Chef in den Koalitionsverhandlungen über die rasant gestiegenen Spritpreise sprechen. Diese stellen vor allem Menschen mit einem langen Anfahrtsweg zur Arbeit vor eine finanzielle Herausforderung. Der größte Teil des Benzinpreises entfällt nicht auf den Treibstoff selbst, sondern auf Steuern und Abgaben. Ob hier eine Senkung mit den Grünen zu machen ist, dürfte allerdings mehr als fraglich sein.
Ungeklärte Finanzierung
Vor allem durch mögliche Änderungen bei der Einkommensteuer könnte spürbar weniger Geld an den Fiskus fließen. Da die FDP aber an der Schuldenbremse festhalten möchte, müsste es dann ähnlich wie bei der Diskussion um den Solidaritätszuschlag eine Gegenfinanzierung geben.
Populär ist es immer, die Abschaffung von Subventionen zu fordern. Die sich abzeichnende Ampel-Koalition will offenbar an die Kaufprämien für Plug-in-Hybride, also Autos mit Verbrennungs- und zusätzlichem Elektromotor, ran. Deren Kauf wird bislang noch mit bis zu 4500 Euro pro Fahrzeug staatlich bezuschusst.
Die Abschaffung dieser Subvention könnte durchaus sinnvoll sein. Die Technologie ist äußerst umstritten und macht die Fahrzeuge schwerer, was den Spritverbrauch erhöht, wenn die Autofahrer nur den Verbrennungsmotor nutzen. Das scheint gerade bei Firmenwagen häufiger der Fall zu sein. Es gibt immer wieder Berichte, dass beim Ablauf der Leasingverträge und der Rückgabe der Fahrzeuge die Stromkabel noch originalverpackt seien. Der SPD sind dagegen die steuerliche Begünstigung von Diesel und die Steuerbefreiung von Flugzeug-Kerosin ein Dorn im Auge. Hier dürften sie die Grünen auf ihrer Seite haben.
Außerdem soll ab 2023 für internationale Firmen weltweit eine Mindeststeuer in Höhe von 15 Prozent gelten. Die absehbare Ampel-Koalition verspricht sich davon für Deutschland jährliche Einnahmen von circa sechs Milliarden Euro.
Schließlich fordert eine Reihe von Politikern, Geldwäsche und Steuerhinterziehung stärker zu bekämpfen und Schlupflöcher zu schließen. Das betrifft zum Beispiel die Erbschaftssteuer. Dort werden Vermögen unterschiedlich besteuert, abhängig davon, ob es sich um Immobilien, Unternehmen oder Finanzvermögen handelt. Das könnte durchaus vereinheitlicht und damit auch vereinfacht werden. Allerdings gibt es solche Forderungen wahrscheinlich schon fast so lange, wie es Steuern gibt.
Dr. Michael Bormann ist Steuerexperte und seit 1992 Gründungspartner der Sozietät bdp Bormann Demant & Partner www.bdp-team.de. Schwerpunkte seiner Tätigkeiten sind neben Steuern die Bereiche Finanzierungsberatung sowie das Sanierungs- und Krisenmanagement bei mittelständischen Firmen.
Quelle: n-tv