Beim Heizen mit Öl und Gas wird viel klimaschädliches CO2 ausgestoßen. Niedersachsen will das ändern: Warum in kommunalen Bebauungsplänen nicht fossile Brennstoffe verbieten? Eine juristische Abhandlung kommt zu dem Schluss, dass Städte und Gemeinden solche Vorgaben für Neubaugebiete machen dürfen.
„Klimaschutz ist die zentrale Aufgabe, dabei ist das Thema Wärme zentral mit einem Anteil von rund 40 Prozent an den energiebedingten CO2 Emissionen“, erklärte Niedersachsens Umwelt- und Bauminister Olaf Lies (SPD) am 13. Januar. Zu lösen sei dieses Problem am besten direkt vor Ort in den Kommunen: Die dürften fossile Brennstoffe in Bebauungsplänen ausschließen und die Nutzung von Solarenergie verbindlich vorschreiben. „So können klimaneutrale Neubaugebiete entstehen“, so der Umweltminister. Doch ist das auch rechtens?
Muster-Festsetzungen: Verbot fossiler Brennstoffe in Neubaugebieten
Ja, heißt es in der Abhandlung „Muster-Festsetzungen für ein Verbot fossiler Brennstoffe in Bebauungsplänen“, die das Umweltministerium und die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN) bei dem Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Prof. Dr. Olaf Reidt, in Auftrag gegeben haben: Für den Klimaschutz dürfen Städte und Gemeinden die Nutzung fossiler Brennstoffe zu Heizzwecken in Neubaugebieten verbieten – und auch die Nutzung von Solarenergie vorschreiben.
Basis ist § 9 Abs. 1 Nr. 23a Baugesetzbuch (BauGB), wo es heißt: „Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: … Gebiete, in denen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen.“
Das Baugesetzbuch legt laut SPD-Politiker Lies mit der Klimaschutznovelle aus dem Jahr 2011 fest, dass die Bauleitplanung auch einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimawandelanpassung leisten soll. Die Festsetzung in den Bebauungsplänen diene dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, die erhebliche Nachteile und Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft verursachen könnten. Die Muster-Festsetzungen sollen niedersächsischen Kommunen, die sich Klimaneutralität bis 2045 zum Ziel gesetzt haben, eine Hilfe bei der Aufstellung von künftigen Bebauungsplänen sein.
Wie bei allen Festsetzungen müssen aber Möglichkeiten für den Ersatz fossiler Brennstoffe im Einzelfall aufgezeigt und die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden. Anlagenbezogene Festsetzungen oder bestimmte bauliche und technische Anforderungen dürfen nicht getroffen werden.
Neubaugebiete: Muster-Festsetzungen für ein Verbot fossiler Brennstoffe in Bebauungsplänen (PDF)
Muster-Festsetzung: Photovoltaik-Pflicht in Bebauungsplänen
Bereits im März 2021 hatten Niedersachsens Umweltministerium und die KEAN gemeinsam mit dem Verwaltungsrechtler Dr. Fabio Longo ein Papier zum Thema „Muster-Festsetzung für PV-Anlagen in Bauleitplänen“ verfasst, in dem eine Pflicht zur Installation von Solaranlagen auf Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 23b BauGB begründet wird, in dem es wörtlich heißt:
„Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: Gebiete in denen bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen.“ Auch hier muss die Begründung der Solarfestsetzung auf die jeweiligen örtlichen Verhältnisse des Plangebiets angepasst und sollte nicht schablonenhaft übernommen werden, schreiben die Autoren.
Muster-Festsetzung von Photovoltaik-Anlagen in Bebauungsplänen (PDF)
Bebauungsplänen kamen bei der rechtsverbindlichen Festlegung energetischer Ziele bei Neubaugebieten bislang eine eher nachgeordnete Rolle zu – die Idee ist aber nicht ganz neu. Mit dem Thema beschäftigte sich bereits im Jahr 2017 das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) ausführlich in dem Bericht „Klimaschutz in der verbindlichen Bauleitplanung“. Von der Möglichkeit, nach § 9 Abs. 1 Nr. 23b BauGB Gebiete für eine Solaranlagenpflicht festzusetzen, hatten bis dahin nach Angaben des Difu nur zwei Städte in Deutschland Gebrauch gemacht. Beim Vorstoß, auf Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 23a BauGB den Städten und Gemeinden die Möglichkeit schmackhaft zu machen, in den kommunalen Bebauungsplänen fossile Brennstoffe in Neubaugebieten zu verbieten, scheint Niedersachsen bislang zumindest einer der Vorreiter zu sein.
Quelle: Haufe