Immobilienfinanzierer schrauben Erwartungen deutlich hoch

Die Immobilienfinanzierer schätzen die Lage am Markt viel rosiger ein als noch vor drei Monaten. Bei der jüngsten Umfrage für den Deutschen Immobilienfinanzierungsindex (DIFI) von JLL und ZEW gibt es auf Halbjahressicht auch bei den krisengebeutelten Assets Einzelhandel und Hotel wieder Zuversicht.

Es ist das vierte Mal in Folge, dass der Deutsche Immobilienfinanzierungsindex (DIFI) von JLL und dem ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung zulegt. Bereits im ersten Quartal 2021 hatte der Stimmungsindikator für gewerbliche Immobilienfinanzierungen einen Sprung nach oben gemacht, notierte aber noch im negativen Bereich mit minus 14 Punkten. Bei der Umfrage für das zweite Quartal 2021, die im Mai stattfand, waren die Finanzierer noch positiver gestimmt. „Mit einem Plus von 10,7 Punkten gegenüber dem Vorquartal weist der Indexstand nur noch einen Saldo von minus 3,3 Punkten aus“, so Anke Herz, Head of Debt Advisory JLL Germany.

Sowohl die Einschätzungen der Experten zur Finanzierungssituation (vergangene sechs Monate) als auch deren Erwartungen an die Finanzierungssituation (kommende sechs Monaten) fallen positiver aus als im ersten Quartal. Der Indikator für den Rückblick steigt im zweiten Quartal um 7,4 Punkte, der Saldo weist aber nach wie vor einen negativen Wert aus (minus 14,8 Punkte). Ganz anders die Einschätzung für die Entwicklung: Der Erwartungsindikator springt um 13,9 Punkte in den positiven Bereich – mit einem Saldo von 8,2 Punkten liegt er wieder deutlich über dem Niveau vor Beginn der Corona-Krise Anfang 2020 und erreicht den höchsten Stand seit dem vierten Quartal 2015.

Logistik und Wohnen: Preisniveau drückt Erwartungen der Finanzierer

Die Assetklassen Logistik und Wohnen waren die vergangenen Krisenmonate die unangefochtenen Gewinner. Die befragten Experten bewerten die Immobilienfinanzierungsmärkte der Nutzungsarten auch nach wie vor als sehr attraktiv. Die Mittelwerte aus Lage- und Erwartungseinschätzung für Logistik mit 31,1 Punkten und 21,4 Punkten für Wohnen liegen deutlich im positiven Bereich.

Trotzdem wird in der jüngsten Umfrage deutlich, dass Wohnen und Logistik nicht mehr so stark vom aktuellen Marktumfeld profitieren wie zuletzt seit Ausbruch der Krise. Für Logistik notieren JLL und ZEW nach drei Anstiegen in Folge bei der Einschätzung zur Finanzierungssituation ein Minus von 9,7 Punkten gegenüber den Antworten im ersten Quartal. Und auch der Erwartungsindikator schrumpft (minus 12,5 Punkte). Bei der Nutzungsart Wohnen wird die Finanzierungssituation als unverändert eingestuft, der Erwartungsindikator aber von 21,9 Punkten im ersten Quartal auf 8,5 Punkte im zweiten Quartal herabgestuft.

„Unserer Einschätzung nach dürfte die aktuelle rückläufige Entwicklung durch das anhaltend hohe Preisniveau für beide Assetklassen getrieben sein“, erläutert Herz.

Büro, Einzelhandel und Hotel: Es geht aufwärts

Für die Nutzungsarten Büro, Einzelhandel und Hotel sehen die befragten Experten hingegen eine deutliche Verbesserung im Vergleich zur vorigen Umfrage. Für die Finanzierungssituation der vergangenen sechs Monate gibt es Pluswerte: 10,9 Punkte für Büroimmobilien, 19 Punkte für Einzelhandelsimmobilien und 15,8 Punkte für Hotelimmobilien.

Der Saldo aus „verbessert“ und „verschlechtert“ fällt bei der Einschätzung für Büros (minus 26,2 Punkte) allerdings deutlich positiver aus als für den Einzelhandel (minus 56,8 Punkte) und die Nutzungsart Hotel (minus 68,8 Punkte). Auf Halbjahressicht erwarten die Finanzierer für alle drei Assetklassen signifikant bessere Werte als noch vor drei Monaten.

„Fasst man die Umfrageergebnisse der beiden Zeiträume zusammen, sechs Monate zurück, sechs voraus, wird der Immobilienfinanzierungsmarkt für Büroimmobilien aktuell ähnlich gut eingeschätzt wie in der Umfrage vor Beginn der Corona-Krise“, erklärt Frank Brückbauer, Department International Finance and Financial Management beim ZEW. „Bei der Nutzungsart Hotel schlagen sich insgesamt sogar bessere Werte nieder, Einzelhandel schneidet dagegen immer noch schlechter ab.“

Refinanzierung: Rückgänge für Immobilienaktienmärkte erwartet

Mit Ausnahme der Immobilienaktienmärkte, die nach einem deutlichen Plus von 59,4 Punkten in der vorigen Umfrage einen Rückgang für die Finanzierungsituation verzeichnen (minus 13,2 Punkte), gab es für die vier anderen Finanzierungsinstrumente einen weiteren Anstieg zwischen 1,4 (Mortgage Backed Securities) und 13,8 Punkten (Pfandbriefe). Letztere erreichen damit einen Saldo von 32,3 Punkten – das ist der höchste Stand seit dem ersten Quartal 2015.

Zwei Refinanzierungsmärkte werden von den befragten Experten aktuell für die kommenden sechs Monate optimistischer eingeschätzt: unbesicherte Schuldverschreibungen (plus 28,1 Punkte) und Mortgage Backed Securities (plus 6,3 Punkte). Für Einlagen und Immobilienaktienmärkte werden Rückgänge zwischen 4,3 und sieben Punkte erwartet.

„Nimmt man den Mittelwert aus Lageeinschätzung und Erwartung der aktuellen Antworten schneiden die Pfandbriefe am besten und die Mortgage Backed Securities am schlechtesten ab“, sagt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.

Kreditgeber finanzieren gestiegenes Preisniveau überproportional mit

Die durchschnittlichen LTVs von Bestandsimmobilien im Core-Segment haben im zweiten Quartal 2021 verglichen mit dem zweiten Quartal 2020 über alle Nutzungsarten hinweg zugelegt, wie eine Sonderfrage zeigt. Im Value-Add-Segment ist bei den Nutzungsarten Einzelhandel und Hotel ein Rückgang zu verzeichnen: Die LTVs fallen mit 61,9 Prozent (Einzelhandel) und Hotel (58,6 Prozent) um 0,8 Prozentpunkte beziehungsweise 0,2 Prozentpunkte niedriger aus.

„Die sehr guten Entwicklungen an den Immobilienfinanzierungsmärkten für Logistik und Wohnen sorgten dafür, dass in beiden Nutzungsarten die LTV-Anstiege im Jahresvergleich am deutlichsten ausfielen – und zwar sowohl im Core- als auch im Value-Add-Segment. Die Kreditgeber finanzieren derzeit das gestiegene Preisniveau überproportional mit“, erklärt Herz.

Auch bei den Margen für die gewerbliche Finanzierung von Immobilien ergibt sich ein gemischtes Bild. Bei Büro, Logistik und Wohnen haben die durchschnittlichen Margen gegenüber dem Vergleichszeitraum 2020 im Core-  und im Value-Add-Segment abgenommen. „Hier zeigt sich der Wettbewerb zwischen den Finanzierern“, so Herz.

Die durchschnittlichen Margen für Hotelimmobilienfinanzierungen in den beiden Segmenten liegen in der aktuellen Umfrage höher, auch weil sich Marktteilnehmer vorübergehend zurückgezogen hatten. Beim Einzelhandel fällt die Einschätzung der Finanzierer zu den Margen im Core-Segment zwar auch höher aus, fällt aber im Value-Add-Segment. Das könnte mit der Hoffnung auf eine baldige Eindämmung der Corona-Pandemie zusammenhängen und dem Anlagedruck der Finanzierer geschuldet sein, analysiert JLL-Expertin Herz abschließend.

Methodik

An der Umfrage des Deutschen Immobilienfinanzierungsindex (DIFI) für das zweite Quartal 2021 haben zwischen dem 3. und 17. Mai 38 Experten teilgenommen. Der Index berechnet sich aus demMittelwert der Marktsituation (vergangene sechs Monate) und Erwartungseinschätzung (kommende sechs Monate) für die Assetklassen Büro, Einzelhandel, Hotel, Logistik und Wohnen. Gestartet wurde die vierteljährlich stattfindende Umfrage im vierten Quartal 2011. Dargestellt sind jeweils die prozentualen Anteile der Antwortkategorien sowie die Veränderungen in Prozentpunkten gegenüber dem Vorquartal. Die Salden ergeben sich aus der Differenz der positiven und negativen Antwortkategorien („verbessert“ und „verschlechtert“).

Quelle: Haufe.de

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