Der Trend bei den Genehmigungen von Neubauwohnungen zeigt nach oben, wie aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen – für Zuwachs sorgt vor allem der Anstieg bei den Zweifamilienhäusern. Bei Wohnungen in Mehrfamilienhäusern sieht es düster aus, schlägt die Immobilienbranche Alarm.
Im Dezember 2020 gab es dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge einen regelrechten Einbruch um 17,4 Prozent bei der Anzahl genehmigter Wohnungen in Mehrfamilienhäusern gegenüber dem Jahr zuvor. Ganz so dramatisch ist der Rückgang in der aktuellen Statistik für den Zeitraum Januar bis November 2021 nicht: Mit einem minimalen Plus von 0,5 Prozent gegenüber den ersten elf Monaten des Vorjahres kalkuliert die Wiesbadener Behörde.
Bei den Einfamilienhäusern gab es einen Zuwachs um 1,2 Prozent, bei den Zweifamilienhäusern waren es 24,6 Prozent mehr. Stark zurück ging die Zahl der Wohneinheiten in Wohnheimen mit minus 24,5 Prozent. Insgesamt wurde in den ersten elf Monaten 2021 der Neu- und Umbau von 341.037 Wohneinheiten genehmigt – 2,8 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Auch im Vergleich zu Oktober 2021 gab es im November 2021 unter dem Strich mehr Baugenehmigungen von neuen Wohnungen: Saison- und kalenderbereinigt stieg die Zahl um 2,6 Prozent – in Zahlen sind das 29.020 neue Wohnungen. Für den Zuwachs im November verantwortlich ist aber ausschließlich der Anstieg von Genehmigungen in Ein- und Zweifamilienhäusern mit 2,6 beziehungsweise 2,7 Prozent. Bei den Wohnungen in neuen Mehrfamilienhäusern verzeichnet die Bundesbehörde einen Rückgang gegenüber dem Vormonat um deutliche 4,5 Prozent.
Immobilienbranche: „Bündnis für Wohnen“ schnell gründen
Im Vergleich von November 2021 zu November 2020 war das Minus nach Angaben von Destatis mit elf Prozent noch höher. Jürgen Michael Schick, Präsident beim Immobilienverband Deutschland IVD I Die Immobilienunternehmer, erneuerte vor diesem Hintergrund eine alte Forderung der Branche: „Diese Entwicklung sollte ein Aufruf an die neue Bundesregierung sein, ihre Zielvorgabe von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr konsequent zu verfolgen.“ Der Bund dürfe jetzt keine Zeit verlieren und müsse das „Bündnis für Bauen und Wohnen“ konstituieren, um die richtigen Lösungen für den Wohnungsmarkt zu finden.
Die Zahl der Baugenehmigungen ist zwar ein wichtiger Indikator, um Maßnahmen gegen den Mangel an Wohnraum zu messen, doch genehmigt ist noch lange nicht gebaut. So sind den Angaben zufolge etwa im Jahr 2020 knapp 369.000 Genehmigungen erteilt worden, aber nur rund 306.000 Wohnungen wurden auch fertiggestellt. Die neue Bundesregierung hat angekündigt, dass in Deutschland pro Jahr 400.000 Wohnungen gebaut werden sollen – davon 100.000 öffentlich geförderte Sozialwohnungen.
Allein für das soziale Wohnen müsste die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP mindestens sechs Milliarden Euro an Fördergeldern bereitstellen – nur so werde es gelingen, die geplanten 100.000 Sozialwohnungen und zusätzlichen bezahlbaren Wohnungen nach aktuell geltenden Energiesparstandards neu zu bauen. Der maximale Klimaschutz bei Wohngebäuden (Effizienzhaus 40) mache sogar eine staatliche Förderung von 12,9 Milliarden Euro pro Jahr erforderlich. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des Pestel-Instituts im Auftrag des Verbändebündnisses „Soziales Wohnen“.
GdW: Bezahlbarer Wohnungsbau – seit 20 Jahren im Argen
Anlässlich der Pestel-Studie „Bezahlbarer Wohnraum 2022 Neubau – Umbau – Klimaschutz“ forderte auch Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, die Bundesregierung auf, gemeinsam mit allen Partnern und einem abgestimmten Maßnahmenpaket zügig zu handeln, „um die Situation für viele Wohnungssuchende und Mieter nachhaltig zu verbessern.“ Angesichts von Baukostenexplosion, mangelnden Handwerkskapazitäten, ambitionierten Klimazielen und stark steigenden Energiepreisen müsste jetzt eine ganze Reihe von Lösungsbausteinen koordiniert umgesetzt werden: Unter anderem mehr und günstiges Bauland, digitalisierte und beschleunigte Baugenehmigungsprozesse sowie nachhaltige Bautechnologien.
Diese Herausforderungen treffen Gedaschko zufolge auf eine Situation beim sozialen und bezahlbaren Wohnungsbau, die seit mittlerweile zwei Jahrzehnten mangelhaft sei: Statt der benötigten 140.000 preisgünstigen Wohnungen seien etwa 2020 nur rund 85.000 gebaut worden– und während es im Jahr 2002 noch 2,6 Millionen Sozialwohnungen gegeben habe, verringerte sich deren Zahl bis zum Jahr 2021 auf 1,09 Millionen; 2020 seien mit 30.000 Sozialwohnungen nur ein Drittel der benötigten Einheiten fertiggestellt worden. „Sollte sich diese Entwicklung unverändert fortsetzen, werden also bis 2030 rund 700.000 weitere Sozialwohnungen fehlen“, warnte der GdW-Chef.
Beim sozial sensiblen Thema rund um das Wohnen sollte folgender Grundsatz gelten: „Es muss gefördert werden, was gefordert wird“, so Gedaschko. Bundesbauministerin Klara Geywitz habe mit Blick auf notwendige Bündnisse und Schwerpunkte wie dem seriellen Bauen bereits richtige und wichtige Schritte angekündigt. Es komme für das bezahlbare Wohnen jetzt grundlegend darauf an, dass Bund, Länder und Kommunen langfristig an einem Strang ziehen und koordiniert vorgehen. „Die Mieten müssen in den nächsten Jahren bezahlbar bleiben, auch und gerade, wenn modernisiert und energetisch saniert wird“, sagte SPD-Politikerin Geywitz im Bundestag.
Quelle: Haufe