Die Reform des Mietspiegelrechts ist beschlossene Sache. Für Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern werden Mietspiegel Pflicht.
Die Reform des Mietspiegelrechts soll die Aussagekraft von Mietspiegeln verbessern und mehr Gemeinden ermuntern, qualifizierte Mietspiegel zu erstellen. Nun hat der Bundestag mit den Stimmen von Union und SPD die Reform beschlossen. Auch den Bundesrat hat das Mietspiegelreformgesetz wenig später schon passiert.
Mietspiegel sollen unter anderem über mehr Standards rechtssicherer und zuverlässiger werden. In Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern wird die Erstellung eines Mietspiegels verpflichtend. Städte dieser Größe, die bislang keinen Mietspiegel haben, haben bis zum 1.1.2023 Zeit, einen Mietspiegel zu erstellen; entscheidet sich eine Stadt für einen qualifizierten Mietspiegel, läuft die Übergangsfrist bis zum 1.1.2024. Die Mietspiegel-Pflicht für größere Städte war erst im Zuge der Ausschussberatungen in das Gesetz aufgenommen worden.
Für Mieter und Vermieter wird es künftig Pflicht, für die Erstellung der örtlichen Mietspiegel Auskunft über Miete und Merkmale der Wohnungen zu geben. Verstöße können mit einem Bußgeld geahndet werden.
Anders als im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen bleibt es dabei, dass Mietspiegel nach zwei Jahren an die Marktentwicklung angepasst werden sollen und qualifizierte Mietspiegel nach vier Jahren neu erstellt werden müssen. Hier war zunächst eine Verlängerung auf drei beziehungsweise fünf Jahre geplant.
Vom Tisch ist auch ein Wegfall des Begründungsmittels Vergleichswohnungen bei Existenz eines Mietspiegels. Diese im ursprünglichen Referentenentwurf enthaltene Regelung fand sich schon im Regierungsentwurf für ein Mietspiegelreformgesetz nicht wieder.
Auf eine Reform des Mietspiegelrechts hatten sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag verständigt.
Mietspiegel-Reform: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz
Mietspiegel-Reform: Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz
Mietspiegel: Der Hintergrund
Mietspiegel sind eine Referenz, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln. Diese ist sowohl für Mieterhöhungen in laufenden Mietverhältnissen als auch beim Abschluss neuer Mietverträge im Geltungsbereich der Mietpreisbremse ein wichtiger Anhaltspunkt. Während die praktische Bedeutung der ortsüblichen Vergleichsmiete und damit auch von Mietspiegeln zugenommen hat, werden insbesondere qualifizierte Mietspiegel in gerichtlichen Verfahren verstärkt in Frage gestellt. Zumeist wird darüber gestritten, ob der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist.
Um dieses Streitpotenzial zu entschärfen und für Gemeinden einen Anreiz zu schaffen, qualifizierte Mietspiegel zu erstellen, hatten Justiz- und Innenministerium einen Gesetzentwurf zu einer Reform des Mietspiegelrechts vorgelegt, nebst Entwurf für eine Mietspiegelverordnung. Dieser wurde am 16. April im Bundestag in erster Lesung beraten und zunächst in den Rechtsausschuss verwiesen.
Anhörung zur Mietspiegel-Reform: Experten sind sich uneins
Bei einer Anhörung im Rechtsausschuss am 19.5.2021 gingen die Meinungen der Sachverständigen über die geplante Reform weit auseinander.
Kritik an Mietspiegel als politisches Steuerungselement
Der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, Axel Gedaschko, sprach sich aber dagegen aus, Mietspiegel als politisches Steuerungselement zu verwenden. Er wandte sich insbesondere dagegen, den Gültigkeitszeitraum von zwei auf drei Jahre zu verlängern. Bereits die seit 1.1.2020 geltende Verlängerung des Betrachtungszeitraums von vier auf sechs Jahren führe dazu, dass im Mietspiegel nicht die aktuellen Verhältnisse wiedergegeben seien. Gedaschko plädierte dafür, die im Gesetz vorgesehen Mittel der Mietdatenbank zu aktivieren und die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen.
Auch Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbands Deutschland (IVD), warnte davor, Mietspiegel als Steuerungsinstrument zu nutzen. Mietspiegel sollten die Mieten wiedergeben, aber nicht gestalten. Eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums lehnte auch er ab, während er die geplante Auskunftspflicht von Vermietern ausdrücklich begrüßte.
Ganz anders sahen Mietervertreter die Sache
Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), und Melanie Weber-Moritz, DMB-Bundesdirektorin, plädierten dafür, sämtliche Mieten in die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete einzubeziehen. Zudem müsste in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern und Gemeinden mit Mietpreisbremse eine Mietspiegelpflicht eingeführt werden. Die geplante Verlängerung des Geltungszeitraums von Mietspiegeln befürwortet der Verband.
Der Geschäftsführer des Berliner Mieterverein, Reiner Wild, begrüßte, dass die Bundesregierung die Angriffsmöglichkeiten auf die Mietspiegel reduzieren und den Mietern ein geeigneteres Kontrollinstrument zur Seite stellen will. Wild bezweifelte jedoch, dass der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form dazu taugt. Er sieht zwei zentrale Probleme: Die Beweislast über die Qualifiziertheit des Mietspiegels bei den Mietern und die uneingeschränkte freie richterliche Beweisführung, die eine Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete mittels Gutachten ermöglicht – trotz der Vermutungswirkungen.
Forderung nach Sachkunde der Mietspiegelersteller
Vehement gegen eine Auskunftspflicht von Vermietern ist wiederum Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbandes Haus & Grund Deutschland. Hierdurch würden viele Eigentümer überfordert. Warnecke verwies darauf, dass 60 Prozent aller Mietwohnungen von privaten Vermietern angeboten würden. Er lehnte auch eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums ab.
Prof. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung sowie stellvertretender Geschäftsführer des Irebs Instituts für Immobilienwirtschaft, plädierte dafür, die Erstellung von Mietspiegeln in unabhängige Hände zu legen. Die Auskunftspflicht bei den Erhebungen zum Mietspiegel markiere einen Quantensprung für die Steigerung der Datenqualität. Allerdings gebe es bei der Reform noch substanziellen Nachbesserungsbedarf, so bei der Unabhängigkeit der Mietspiegelerstellung und der Sachkunde der Mietspiegelersteller.
Seit dem 1.1.2020 gilt: In Mietspiegel fließen sechs statt vier Jahre ein
Bereits zu Jahresbeginn war der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete und damit auch für Mietspiegel von vier auf sechs Jahre verlängert worden. Damit sollte der Anstieg bei bestehenden und künftigen Mieten gedämpft werden.
Bis dahin waren in den Betrachtungszeitraum der ortsüblichen Vergleichsmiete und damit auch von Mietspiegeln der Städte und Gemeinden nur Mietverträge eingeflossen, die in den vorangegangenen vier Jahren abgeschlossen wurden. Bis Ende 2020 können Mietspiegel mit Stichtag vor dem 1.3.2020 aber noch nach der bisherigen Regelung erstellt werden.
Eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete war eine der Maßnahmen, die bereits auf dem Wohngipfel 2018 beschlossen worden waren.
Quelle: Haufe.de