Online-Eigentümerversammlung: Das sagen die Verbände

Eigentümerversammlungen sollen künftig auch vollständig online abgehalten werden können, wenn die Wohnungseigentümer dies beschließen. Das Echo der Verbände zu einem entsprechenden Referentenentwurf fällt gemischt aus.

Seit der WEG-Reform können die Wohnungseigentümer einzelnen Eigentümern per Mehrheitsbeschluss ermöglichen, online an (Präsenz-)Eigentümerversammlungen teilzunehmen. Die Möglichkeit, Eigentümerversammlungen vollständig online abzuhalten (digitale oder virtuelle Eigentümerversammlung), sieht das Gesetz bisher aber nicht vor.

Dies soll sich nun ändern. Ein Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums sieht vor, eine neue Beschlusskompetenz einzuführen. Demnach sollen die Wohnungseigentümer mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen die Möglichkeit rein virtueller Eigentümerversammlungen in ihrer Gemeinschaft beschließen können; die Erlaubnis soll auf einen Zeitraum von drei Jahren ab Beschlussfassung begrenzt sein.

Stellungnahmen der Verbände zur Online-Eigentümerversammlung

Zu dem Entwurf aus dem Bundesministerium der Justiz haben mehrere Verbände Stellungnahmen abgegeben. Diese sind unten gesammelt verlinkt.

Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV) begrüßt Inhalt und Zielsetzung des Gesetzentwurfs. Durch die virtuelle Eigentümerversammlung würden die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Beschlussfassung innerhalb einer Eigentümergemeinschaft um das letzte noch fehlende Element ergänzt und vervollständigt, heißt es in der Stellungnahme. Das qualifizierte Mehrheitserfordernis und die besonderen gesetzlichen Voraussetzungen, die in der geplanten Regelung vorgesehen sind, brächten das Recht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) auf ordnungsmäßige Verwaltung und die Mitgliedschaftsrechte der Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer in einen ausgewogenen und angemessenen Einklang.

Ausdrücklich begrüßt der Verband, dass die konkrete, insbesondere technische Ausgestaltung virtueller Eigentümerversammlungen im Hinblick auf die schnelllebigen technischen Entwicklungen nicht näher geregelt werden, sondern dies der Praxis und der Rechtsprechung überlassen werden soll. Zudem betont der VDIV, dass die geplante Öffnung für Mehrheitsbeschlüsse über Online-Eigentümerversammlungen die Digitalisierung im Bereich der Eigentümerversammlung ein wichtiges Stück voranbringen, gleichzeitig aber die Präsenzversammlung weiterhin das überwiegende Versammlungsformat bleiben werde.

Der VDIV widerspricht Befürchtungen, ältere und weniger technikaffine Eigentümer könnten an der Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte gehindert werden, wenn Eigentümerversammlungen komplett online abgehalten werden. Während der Corona-Zeit sei ein Großteil der Gesellschaft im Umgang mit elektronischen Kommunikationsmitteln vertraut geworden. Das gelte für alle Altersklassen, Bildungsgruppen und sowohl für die private als auch die berufliche Umgebung.

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hält es ebenfalls für sinnvoll, die Durchführung reiner Online-Versammlungen beschließen zu können und verweist darauf, dass die geplante Ausgestaltung des Gesetzes die Präsenzversammlung als Regelfall beibehalte. Gleichzeitig regt die BRAK an, im Gesetz aus Datenschutzgründen auch Anforderungen an die für die Online-Versammlung verwendete Software zu definieren.

Der Eigentümerverband Wohnen im Eigentum (WiE) lehnt die Möglichkeit, Eigentümerversammlungen vollständig online durchführen zu können, dagegen ab. Die Teilnahme an der Eigentümerversammlung sei ein Kernrecht aus dem Wohnungseigentum. Zudem bestehe die Gefahr, dass „ältere, hörgeschädigte, bildungsbenachteiligte und technisch nicht versierte“ Eigentümer ausgegrenzt werden. Schließlich verweist der Verband auf die Gefahr technischer Probleme, die eine Teilnahme an einer Online-Eigentümerversammlung vereiteln könnten. Die bereits bestehende Möglichkeit hybrider Versammlungen reiche aus.

Auch der Deutsche Anwaltverein, der seine Stellungnahme durch den Ausschuss Miet- und Wohnrecht abgegeben hat, kann sich mit der Idee reiner Online-Eigentümerversammlungen nicht anfreunden. Bereits jetzt stießen zahlreiche Verwalter und Gemeinschaften bei reinen Präsenzveranstaltungen an ihre Grenzen, wenn es um die Einhaltung von Formalia gehe. Die Wahrnehmung des Stimmrechtes durch die einzelnen Eigentümer, vor allem auch die Wahrnehmung des Rederechtes im Vorfeld der Abstimmung, seien unverzichtbare Rechte und Ausdruck des in Art. 14 GG verankerten Schutzes des Eigentums. Auch die Gefahr zahlreicher technischer Probleme spreche gegen Online-Versammlungen. Schließlich bestehe für Online-Eigentümerversammlungen auch keine praktische Notwendigkeit. Dies zeige sich daran, dass Gemeinschaften bisher kaum von der Möglichkeit Gebrauch machten, Versammlungen hybrid abzuhalten.

Gegen rein virtuelle Eigentümerversammlungen spricht sich auch der Verbraucherzentrale Bundesverband aus. Er verweist darauf, dass vor allem ältere Eigentümer ausgeschlossen werden könnten und hält die Möglichkeit von Hybrid-Versammlungen für ausreichend.

Online-Eigentümerversammlung: So soll das Gesetz geändert werden

Der Entwurf des Bundesjustizministers sieht vor, für Wohnungseigentümer und Verwalter eine zusätzliche Möglichkeit einzuführen.  Die bisher schon nach § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG bestehende Möglichkeit, die Online-Teilnahme an Präsenzversammlungen zu ermöglichen („hybride Wohnungseigentümerversammlungen“), soll unverändert bestehen bleiben. Die Wohnungseigentümer sollen künftig die Wahl haben, Eigentümerversammlungen in Präsenz, hybrid oder rein virtuell durchzuführen.

Mit dem vorgesehenen Quorum von 75 Prozent der in der Wohnungseigentümerversammlung abgegebenen Stimmen werde der besonderen Bedeutung Rechnung getragen, die das Wohnungseigentum typischerweise für viele Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer habe, heißt es in der Gesetzesbegründung. Die vorgeschlagene Befristung auf drei Jahre verfolge mehrere Zwecke. So sollten Erwerberinnen und Erwerber von Wohnungen nicht für unbestimmte Zeit an eine vor dem Erwerb erfolgte Beschlussfassung gebunden werden. Die Befristung trage auch der Tatsache Rechnung, dass sich die Haltung der Wohnungseigentümer zu virtuellen Versammlungen ändern könne.

Der Entwurf für einen neuen § 23 Abs. 2a WEG im Wortlaut:

„Die Wohnungseigentümer können mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschließen, dass die Versammlung innerhalb eines Zeitraums von längstens drei Jahren ab Beschlussfassung ohne physische Präsenz der Wohnungseigentümer und des Verwalters an einem Versammlungsort stattfindet oder stattfinden kann (virtuelle Wohnungseigentümerversammlung). Die virtuelle Wohnungseigentümerversammlung muss hinsichtlich der Teilnahme und Rechteausübung mit einer Präsenzversammlung vergleichbar sein.“

Errichtung von Balkonkraftwerken soll einfacher werden

Der Gesetzentwurf, dessen vollständiger Name „Entwurf eines Gesetzes zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen“ lautet, sieht neben der Regelung reiner Online-Eigentümerversammlungen auch vor, dass Mieter und Wohnungseigentümer künftig Steckersolargeräte, sogenannte Balkonkraftwerke, leichter errichten können. Diese sollen in die Liste der nach § 20 Abs. 2 WEG privilegierten baulichen Veränderungen, auf die Wohnungseigentümer einen Anspruch haben, aufgenommen werden. Im Mietrecht soll in § 554 Abs. 1 BGB die Aufzählung der baulichen Maßnahmen, auf deren Gestattung Mieter einen Anspruch haben, entsprechend ergänzt werden.

Quelle: Haufe.de

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